Wird der E-Motor dazu noch ökologisch einwandfrei, also ohne Verwendung rarer Rohstoffe wie Seltene Erden produziert, kann man durchaus sagen: Gegenüber dem Verbrennungsmotor hat der Elektromotor nur Vorteile, und keinen Nachteil.
Vorteile beim Motor – Nachteile bei der Energie-Speicherung
Die Problematik bei der Elektromobilität liegt dafür in der Infrastruktur der Energieversorgung: Überall dort, wo ein Fahrzeug nicht im direkten Kontakt mit einer Stromleitung unterwegs sein kann, muss es die Energie (wie ein Verbrenner) tanken oder laden, und an Bord mitführen. Die Art und Weise, wie das geschieht, unterteilt Elektroautos (EV für Electric Vehicle) in zwei Gruppen: Jene, die Wasserstoff mittels Brennstoffzelle in Strom umwandeln (FCEV: Fuel Cell EV), und die mittlerweile deutlich größere, die Strom direkt lädt und in Akkus speichert (BEV: Battery EV). Der Gesetzgeber stellt in Deutschland beide Arten völlig gleich, etwa bei der Förderung per Innovations-Prämie, Besteuerung und City-Parkplätzen.
Trotz des Vorteils der FCEV, dass Tankzeit und Reichweite in etwa denen eines Benziners entsprechen, gibt es bisher nur wenige Wasserstoff-Pkw zu kaufen oder zu leasen, und das Netz an Wasserstoff-Tankstellen ist dünn. Dagegen scheinen sich BEV auf breiter Front durchzusetzen, sowohl beim Angebot als auch der Nachfrage: Sie stellen die überwältigende Mehrzahl der im Jahr 2021 in Deutschland zugelassen 356.415 Stromer (nur 454 davon waren FCEV).
Damit entscheiden sich Autohersteller und -käufer für die mit Abstand effizienteste Art, ein Motorfahrzeug zu bewegen: Der Wirkungsgrad „Well to Wheel“, also von der Energiequelle bis zum antreibenden Rad, beträgt bei Akku-Speicherung deutlich über 60 Prozent, bei Wasserstoff unter 30 Prozent, bei Benzinern etwa 20 Prozent. Das ändert allerdings nichts daran, dass Akkuzellen trotz allem technischen Fortschritts immer noch ein wesentlich schlechterer Energiespeicher sind als Kraftstoff: Die Energiedichte moderner Lithium-Ionen-Zellen beträgt etwa nur etwa 1,5 Prozent der von Sprit. Der hohe Wirkungsgrad des E-Motors gleicht das zwar ein wenig aus, aber das Manko der niedrigeren Reichweite bei höherem Gewicht bleibt beträchtlich.
Dabei hat die nach WLTP-Norm (Worldwide Harmonised Light-Duty Vehicles Test Procedure) angegebene Reichweite von E-Autos nur wenig mit der Realität zu tun: Auf der Autobahn werden aus 400 Kilometern schnell 250. Niedrige Temperaturen mindern die Reichweite, ebenso hohes Tempo und damit exponentiell wachsender Gegenwind – der Grund dafür, dass E-Autos ihr Höchsttempo oft weit vor ihren technischen Möglichkeiten abregeln. Immerhin verhindert das Rekuperieren, also die Strom-Rückspeisung beim Bremsen, dass überschüssige Energie verloren geht. Dazu beschert das One-Pedal-Driving, bei dem das rechte Pedal (je nach gewähltem Modus) gleichzeitig zum Beschleunigen und Verzögern dient, zusätzlichen Fahrspaß.
Die Reichweiten-Problematik, und die damit einhergehende Skepsis bei potenziellen Kunden, hat ein Hersteller schon früh besser erkannt als alle anderen: Tesla, gegründet von zwei US-Amerikanern und dann vom gebürtigen Südafrikaner Elon Musk übernommen, verhalf dem Elektroauto nach dessen erster Blütezeit um 1900 mehr als 100 Jahre später zum nachhaltigen Durchbruch. Entscheidend für den Erfolg des Newcomers waren und sind ein Akku mit hoher Energiedichte, eine ausgeklügelte Software, vor allem aber ein schnell errichtetes Netz an Schnellladesäulen („Supercharger“) in allen wichtigen Märkten.
Zu spät begriffen die traditionellen Hersteller, dass im problemlosen Laden, und nicht im bisherigen Kernprodukt Auto, der Schlüssel für die Kundenzufriedenheit liegt. Intransparente Tarife und ein löcheriges Netz an Ladesäulen bremsen ihre Aufholjagd noch immer, selbst wenn wichtige Konzerne wie Volkswagen, BMW, Mercedes-Benz, Hyundai und Ford mit dem Ionity-Netz gemeinsam eine eigene Infrastruktur aufbauen. Auch Energieversorger wie EnBW oder Newcomer wie Fastned aus den Niederlanden installieren Ladesäulen an den Autobahnen, während vor Ort eher regionale Anbieter wie Stadtwerke die Versorgung übernehmen.
Stand 2022 gibt es in Deutschland knapp 30.000 öffentlich Ladestationen, viele davon mit mehreren Ladepunkten (sodass zwei E-Autos parallel andocken können). Gleichstrom-Säulen laden mit bis zu 350 Kilowatt am schnellsten, hier füllt sich ein fast leerer Akku in gut einer halben Stunde zu 80 Prozent – danach sinkt zum Schutz der Zellen die Ladeleistung rapide ab. Ausnutzen können dieses Power-Charging vor allem Autos mit 800-Volt-Technik wie der Porsche Taycan oder der Hyundai Ioniq 5. Aber auch effizientes Temperatur-Management, wie es etwa Mercedes beim EQS betreibt, verkürzt die Ladezeit.
Die oft innerstädtisch installierten Wechselstrom-Säulen laden (wie heimische Wallboxen) meist mit 11, seltener mit 22 Kilowatt. Dementsprechend dauert die Betankung am standardisierten Typ-2-Stecker mehrere Stunden. Möglicherweise findet auch das Konzept des schnell wechselbaren Tausch-Akkus, wie sie der chinesische Hersteller Nio umsetzt, bald Nachahmer.
Bei der Größe der Akkus und der Reichweite erweist sich zunehmend die einsetzende Gewichtsspirale als Problem: Akkus mit einer Kapazität von über 100 Kilowattstunden in Luxusmodellen wie dem Tesla Model S oder dem Lucid Air ermöglichen bei bewusster und geplanter Spar-Fahrt mittlerweile Reichweiten von über 1.000 Kilometer, konterkarieren durch ihr Gewicht aber auch die Idee des Elektroautos als ökologisches Verkehrsmittel.
Dazu sind die Akkus die Preistreiber für Elektroautos: Sie machen gut 40 Prozent der Gesamt-Produktionskosten aus und sind dafür verantwortlich, dass Stromer noch immer gut 10.000 Euro mehr kosten als vergleichbare Benziner.
Künftige Technologien wie Feststoff-Akkus sollen die Umwelt- und Kostenproblematik lösen. Schon heute verbauen erste Hersteller wie Tesla Lithium-Eisenphosphat-Akkus, die ohne die vieldiskutierten, teuren Rohstoffe Kobalt und Nickel auskommen.
Trotzdem gilt die Akku-Produktion als problematisch bei der Erstellung der Klimabilanz. Ob, und nach welcher Laufleistung, Elektroautos diesen „CO2-Rucksack“ im Laufe ihrer Nutzung wieder ausgleichen können, ist umstritten. Manchen Studien stufen Elektroautos daher sogar als umweltschädlicher ein als effektive Verbrenner.
Die Mehrzahl der Untersuchungen aber bestätigt den Stromern eine positive Bilanz. Zumal ihre Käufer zunehmend kleine Fahrzeuge mit eher begrenzter, aber für den Stadtverkehr passender Reichweite schätzen. So gehört in Deutschland der VW e-Up zu den erfolgreichsten, und immer mal wieder ausverkauften Elektroautos.
Der VW-Konzern bekennt sich auch (mit Ausnahmen bei seinen Marken Porsche und Lamborghini) klar zur Elektromobilität per Akku, und ist damit gut aufgestellt für das von der EU-Kommission geplante Verbrenner-Verbot ab 2035. Auch Mercedes-Benz fährt in diese Richtung, während BMW weiter auch auf Benziner, Diesel und Hybrid setzt. Letzteres gilt auch für die japanischen Hersteller. Die meisten anderen Autobauer, ob aus Europa, Asien (vor allem Südkorea und China) oder den USA, forcieren indes ebenfalls den Elektroantrieb per Akku.
Trotzdem wird der Verbrennungsmotor als Traditionsgut weiterleben: Eine Fahrt in einem historischen Sportwagen mit V8-Motor dürfte in nicht allzu ferner Zukunft ein begehrtes Erlebnis sein, wie eine Zugfahrt mit Dampf-Lokomotive.