PSA: Peugeot, Citroën und Opel – Mega-Fusion mit Fiat Chrysler zu Stellantis
Mit der Fusion von PSA und FCA zu Stellantis entstand der viertgrößte Autohersteller der Welt. Das neue Unternehmen hat seinen Firmensitz in den Niederlanden.
- Mit der Übernahme von Citroën durch Peugeot im Jahr 1976 begann die Geschichte der Groupe PSA
- Fiat Chrysler Automobiles (FCA) und Peugeot Société Anonyme (PSA) sind zu Stellantis fusioniert
- Durch die Fusion mit Fiat Chrysler enstand der viertgrößte Automobilbauer der Welt
Update vom 16.01.2021, 12:30 Uhr: Seit der Fusion der Peugeot Société Anonyme (PSA) mit Fiat Chrysler Automobiles (FCA) gehört auch Peugeot – wie etwa Citroën, DS und Opel – zum neu entstandenen Auto-Riesen Stellantis mit Sitz in Amsterdam (Niederlande), dem damit nach Volkswagen zweitgrößten Autokonzern in Europa. Die frühere Dachfirma PSA existiert nicht mehr.
Erstmeldung vom 25.05.2020, 18:52 Uhr: Die Geburtsstunde des PSA-Konzerns geht auf das Jahr 1976 zurück, als Peugeot den heimischen Konkurrenten Citroën übernahm. Zunächst firmierte die Holding als PSA Peugeot Citroën. 1978 kamen die europäischen Werke von Chrysler hinzu. Die Fahrzeuge wurde unter den Markennamen Simca, Chrysler-Simca, Talbot beziehungsweise Talbot-Simca angeboten. In Kooperationen mit Wettbewerbern wie BMW, Mitsubishi, Fiat, Ford und Toyota wurde an der Entwicklung von Motoren gearbeitet. In Zusammenarbeit mit General Motors entstanden Plattformen für gemeinsame Mittelklassefahrzeuge. General Motors beteiligte sich im Zuge der Kooperation an PSA. Wirtschaftliche Schwierigkeiten führten dazu, dass sich der französische Staat einsteigen musste, um eine Insolvenz zu vermeiden. Derzeit hält der französische Staat einen Anteil von zwölf Prozent und ist mit zwei Vertretern im Aufsichtsrat präsent. Dabei handelt es sich um einen Arbeitnehmervertreter sowie Louis Gallois (76), den ehemaligen CEO des Luftfahrt- und Rüstungskonzerns EADS. Dieser fungiert als „Unabhängiger“, wird aber im engen Einvernehmen mit dem Staat bestimmt. 2017 erfolgte die Übernahme des deutschen Autobauers Opel sowie des britischen Herstellers Vauxhall. Die Groupe PSA ist derzeit in puncto Stückzahlen nach dem Volkswagen-Konzern der zweitgrößte Automobilhersteller in Europa. Der größte Absatzmarkt ist die Volksrepublik China, gefolgt von Frankreich und dem Vereinigten Königreich. In Summe liegen die aber die Abverkäufe in der Europäischen Union über denen im Reich der Mitte.
PSA fertigt in vier französischen Standorten (Mülhausen im Elsass, Poissy, Rennes und Sochaux), an den deutschen Opel-Standorten Rüsselsheim und Eisenach, im Vereinigten Königreich (Luton und Ellesmere Port), in Spanien (Madrid, Vigo und Saragossa), Portugal (Mangualde), im slowakischen Trnava, in Brasilien (Porto Real) sowie in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires. Neben dem Hauptgeschäft Automotive (PKW und leichte Nutzfahrzeuge) betreibt der Konzern den eigenen Zulieferer Faurecia und die Banque PSA Finance als eigenständige Business-Units.
PSA: Diese Marken des Konzerns
Zur Group PSA mit Sitz in Rueil-Malmaison in der Peripherie von Paris gehören mehrere Marken:
· die französischen Hersteller Peugeot, Citroën und DS Automobiles
· von General Motors übernahm PSA die Hersteller Opel und Vauxhall.
· nach der geplanten Fusion mit Fiat Chrysler werden neben den namensgebenden Marken Fiat und Chrysler zum neuen Konzern auch Alfa Romeo, Lancia, Maserati, Dodge und Jeep gehören
Anfang 2020 scheiterte ein Zusammenschluss von FCA mit Renault am Veto des französischen Staates aus der Sorge um Arbeitsplätze. Die Staatsbeteiligung bei Renault beträgt knapp 20 Prozent.
PSA: Die Ziele der Fusion mit FCA
Der Portugiese Carlos Tavares (62), CEO der Groupe PSA, sieht Vorteile für alle beteiligten Unternehmen. In einem sehr wettbewerbsintensiven Umfeld sei der neue Konzern gut aufgestellt. Mit dem Zusammenschluss gelinge es, Kräfte zu bündeln. Der neue Konzern wird seinen Sitz wohl aus steuerlichen Gründen in den Niederlanden haben. Die französische Regierung unter Präsident Emanuele Macron hat der Fusion aber nur unter der Bedingung zugestimmt, dass ein großer Teil der Fertigung in Frankreich bleibt. Ziel soll es sein, alle der aktuell 410.000 Jobs zu erhalten. Die Arbeitsplätze des Tochterunternehmens Opel in Deutschland sind nach Aussagen der Gewerkschaft IG Metall sicher. Tatsächlich hat es der deutsche Autobauer in den letzten Jahren unter französischer Führung geschafft seine Position am Markt zu verbessern. Der neue Konzern kommt voraussichtlich auf einen Umsatz von 170 Milliarden Euro und wird einen Betriebsgewinn von elf Milliarden Euro erzielen. Als Absatzmenge werden circa 8,7 Millionen Autos angepeilt.
PSA: Kosten sparen ohne Werke zu schließen
Natürlich zielt die Fusion vor allem darauf ab, die Kosten zu reduzieren. 3,7 Milliarden Euro sollen pro Jahr eingespart werden. Dies betrifft vor allem den Entwicklungsbereich. Hier sollen neue abgasarme, klimaschonende Antriebstechnologien auf die Beine gestellt werden. Auch das Thema „Autonomes Fahren“ spielt eine gewisse Rolle. Während bei den Elektroantrieben Tesla und gewisse chinesische Hersteller die Nase vorn haben, sind beim autonomen Fahren die Internet-Konzerne Apple, Alibaba und Google an der Spitze. Die etablierten Hersteller in Europa und in den Vereinigten Staaten von Amerika haben in diesen Technologien den Anschluss verschlafen. Das alleine aufzuholen ist schon eine Herkulesaufgabe, zumal in der Fachwelt heftig gestritten wird, ob der rein batteriebetriebene oder der auf Wasserstoff basierenden Technologie das Vertrauen geschenkt werden soll. Womöglich sollten Hersteller, so wie es die BMW Group lange getan hat, technologie-offen arbeiten, um flexibel auf Änderungen der Rahmenbedingungen reagieren zu können. PSA setzt zunächst voll auf die Batterietechnologie und hofft, damit Strafzahlungen wegen zu hohen CO2-Emissionen zu vermeiden. Jean Philippe Imparato, der Generaldirektor und Markenchef von Peugeot, hat sich zum Ziel gesetzt, die von der EU gesetzte Grenze von 95 Gramm Kohlendioxid zu unterschreiten. Damit prescht die Groupe PSA weiter voraus als andere Hersteller, hat allerdings den Vorteil, nur einen geringen Anteil im Bereich der schwereren Oberklasse-Fahrzeuge zu verkaufen. Als Schwäche des neuen Konzerns wird neben dem Rückstand in der E-Mobilität, ein geringer Anteil im Wachstumsmarkt China genannt. Sowohl PSA als auch Fiat Chrysler weisen in diesen Bereichen Defizite auf.
In der Fertigung stellt sich die Frage, ob die Herausforderungen mit dem aktuellen Personalstamm zu bewältigen sind. Ein Elektromotor benötigt deutlich weniger Teile als ein Verbrenner, entsprechend weniger personalintensiv sind die Montagearbeiten. Es werden daher sehr wahrscheinlich deutlich weniger Mitarbeiter benötigt. Hinzu kommt, dass die Altersstruktur und die Qualifikationen es in vielen Fällen erfordern könnten, die Mitarbeiter mit einem goldenen Handschlag nach Hause zu schicken.
Die Reaktion der Börse auf die Ankündigung der Fusion zwischen Groupe PSA und Fiat-Chrysler
PSA sieht sich finanziell gut aufgestellt für die Fusion. Gelobt wird von Marktbeobachtern allgemein das umsichtige Vorgehen bei der Integration von Opel und Vauxhall, die ihr eigenes Markenprofil behalten sollen. Opel-Boss Michael Lohscheller (62) ist seit September 2019 Mitglied des Vorstands des Autobauers und besetzt seitdem den Posten von Jean-Christophe Quémard. Der 61-jährige Carlos Tavares, noch CEO von PSA, zieht sich voraussichtlich in naher Zukunft zurück, als Nachfolger wird der zehn Jahre jüngeren Xavier Chéreau gehandelt. Als die Konzerne PSA und FCA am 31. Oktober 2019 die Fusion ankündigten, startete die Aktie von Groupe PSA mit einem Gap Up in den Börsentag, erreicht ein mehrjähriges Hoch bei € 27,06, kehrte kurz danach aber in den regulären Kursverlauf zurück. Die Papiere von Fiat Chrysler eröffneten gleichfalls deutlich über dem Vortag, hielten das Niveau aber länger, ehe beide Aktien ins Fahrwasser der schwächelnden Automobilwelt gerieten. Neben dem französischen Staat sieht auch die Familie Peugeot den Zusammenschluss positiv. Jean-Philippe Peugeot, Chef der Établissements Peugeot Frères (EPF) hat angekündigt, weitere 2,5 Prozent der Aktien zu kaufen und damit den Anteil auf rund 6 Prozent aufzustocken. Schließlich stimmte auch der PSA-Aufsichtsrat am 12. Dezember 2019 dem Vorhaben zu. Bei Fiat Chrysler sind die Reaktionen ebenfalls positiv. Von den Kartellbehörden zu beiden Seiten des Atlantiks ist kein Widerstand zu erwarten. Vorgesehen ist, dass die Umsetzung im ersten Quartal 2021 erfolgt. Experten rechnen damit, dass in der Automobilwelt eine neue Runde im Fusionswettlauf beginnen könnte. Die Fusion stärkt die Wettbewerbsfähigkeit von PSA und FCA auf globaler Ebene. Fraglich ist, ob die Vielfalt der Marken auf Dauer Bestand haben wird. Zu befürchten ist auch, dass trotz aller Beteuerungen am Ende Arbeitsplätze wegfallen werden.