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Porsche 911 GT3 (992) im Test: Der Motor ist so laut, dass man kein Soundsystem braucht

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Von: Christian Schulz

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17,5 Sekunden nimmt der neue Porsche 911 GT3 seinem Vorgänger der Generation 991 auf dem Nürburgring ab. Wie sich der neue Elfer fährt, was er kann – und wie viel er kostet.

Nürburg – Es gibt kaum ein Superlativ, dass der Porsche 911 in den vergangenen Jahrzehnten nicht knacken konnte. Mehr denn je gilt das für die Sportversionen. Und der Begriff GT3 – einst nur Namensanhang beim Elfer – ist markenübergreifend längst zum Sinnbild einer ganzen Fahrzeugklasse geworden. Während alle anderen 911er-Modelle längst von Turboladern zu sportlichsten Höchstleistungen getrieben werden, geschieht das beim GT3 nach vor allein über einen hoch potenten Saugmotor. Der ist allein in der Werkstatt betrachtet so massig, dass man schwören würde, er hätte keine Chance in das zunehmend breiter gewordene Heck des Porsche 911 der Generation 992 zu passen. Ansaugtrakt, Partikelfilter, Brennkammern – viel Platz ist da beim besten Willen nicht mehr. (Mann baut Porsche Boxster zu 911 GT3 RS um – doch das Netz beschäftigt vor allem eine Frage)

Auf den ersten Blick lesen sich die technischen Unterschiede des neuen Porsche 911 GT3 (992) zu seinem Vorgänger weitgehend unspektakulär. Das Gewicht blieb bei leicht gewachsenen Abmessungen weitgehend gleich. Er schafft den Spurt 0 auf Tempo 100 in 3,4 Sekunden und so gerade einmal eine Zehntel Sekunde schneller als seine Ahne 991. Der vier Liter große Sechszylinderboxer spuckt allen aufgeladenen Drei- und Vierzylindern nicht nur akustisch verächtlich in den Rücken und bietet dabei gerade einmal zehn PS mehr als bisher. Überhaupt ist die „zehn“ für den Porsche 911 GT3 der Generation 992 von deklaratorischer Bedeutung. Er ist ein Zehntel schneller als sein Vorgänger, hat zehn Nm mehr Drehmoment, eben 10 PS mehr und eine um zehn Kilogramm leichtete Abgasanlage. Letztlich sind es 375 kW / 510 PS, 470 Nm bei 6.100 Touren und eine Höchstgeschwindigkeit von rund 320 km/h. (Pablo Escobar: Porsche 911 RSR von Drogenboss wird verkauft – zu einem mörderischen Preis)

Der neue Porsche 911 GT3 (992) von rechts vorne
Der neue Porsche 911 GT3 (992). Auf der Rennstrecke dank erhöhter Aerodynamik ein Traum – und extrem schnell. © Porsche/HZ

Porsche 911 GT3 (992) im Test: Der Motor ist so laut, dass es kein Soundsystem braucht

All das drückt nicht aus, was sich beim neuen Porsche 911 GT3 wirklich getan hat. Der Auftritt war schon immer sportlich und massiv – doch der neue GT3 knöpft das Hemd weiter als je zuvor auf. Dabei sind die Sportler und Schweller neben den Sportreifen das eine – das Heck ist mit dem gewaltigen Flügel zugegeben Geschmackssache. Erstmals von oben aufgehängt, liefert das Heckleitwerk noch mehr Abtrieb, als man es ohnehin schon kannte. Wem das zu auffällig ist: Bald gibt es auch wieder eine Touringversion, die auf den optisch aufdringlichen Flügelzierrat verzichtet. Im Innern gibt es die bekannt sportlichen Dreingaben: Alles bekannt Porsche – alles betont nüchtern und praktisch, doch allemal bequem. (Porsche Taycan Cross Turismo: Macht Variabilität den Elektro-Sportkombi zum Verkaufshit?)

Fahrerisch gibt es keinen Grund für eine erneute GT3-Variante mit manueller Sechsgang-Handschaltung. „Doch es gibt viele Kunden, die genau diese Handschaltung für puristischen Fahrspaß nachfragen“, so Frank-Steffen Walliser, verantwortlich für den Porsche 911 in seinen so unterschiedlichen Ausprägungen. Wer sich für den Handschalter entscheidet, ist abgesehen von der Höchstgeschwindigkeit nennenswert langsamer als mit dem bekannt guten siebenstufigen Doppelkupplungsgetriebe und verbraucht knapp einen Liter mehr als die in Aussicht gestellten 12,4 Liter auf 100 Kilometer. (Neuer Audi RS e-tron GT: Überzeugender Tesla-Fighter fordert auch Porsche Taycan heraus)

Das Cockpit des neuen Porsche 911 GT3 (992)
So sportlich sieht es im Cockpit des rasanten neuen Porsche 911 GT3 (992) aus. Hightech darf natürlich ebenfalls nicht fehlen. © Porsche/HZ

Die automatisierte Schaltwahl nimmt dem Porsche von 0 bis 100 km/h eine halbe Sekunde ab und mehr als eine Sekunde bis Tempo 200. Weitaus deutlicher wird das Ganze jedoch auf kurvenreicher Landstraße oder gar Rennstrecke, wenn die Doppelkupplung den Fahrer zusammen mit der elektronisch geregelten Hinterachssperre und vollvariabler Momentenverteilung stimmungsvoll entlastet. Wer will, kann über die Paddel am Alcantara-Steuer jederzeit in die Schaltvorgänge eingreifen und sich am Drehrädchen am Lenker vorher noch für eines der Sportprogramme entscheiden. (Extremer Preis: Spezial-Lack für Porsche 911 kostet so viel wie ein neuer 718 Cayman GTS)

Porsche 911 GT3 (992) im Test: Wie sich der neue Elfer fährt, was er kann – und was er kostet

Und doch fragt man sich, wieso der neue GT3 seinem pfeilschnellen Ahnen mehr als 17 Sekunden auf der 20,8 Kilometer langen Nordschleife abnehmen konnte, denn der neue GT umkreiste das Eifelgeschlängel bei entsprechendem Können des Piloten in 6:59:927 Sekunden und somit erstmals unter der magischen Sieben-Minuten-Marke. Doch nicht nur auf der Nordschleife entscheiden neben dem Piloten nicht nur Motor, Lenkung und Fahrwerk, sondern auch eine bissige Bremse mit verlässlicher Dauerhaltbarkeit. Für die entsprechend Verzögerungen sorgen beim GT3 Leichtbau-Bremsscheiben, die auf einen Durchmesser von 408 Millimetern zwar deutlich vergrößert wurden, jedoch 17 Prozent weniger wiegen. Ebenso wie die Aluschmiederäder mit Zentralverschluss senken sie die rotatorischen Massen. (Tournament Of Colors: Porsche sucht die Super-Farbe – auf erstaunliche Art und Weise)

Der neue Porsche 911 GT3 (992) von links hinten
Der neue Porsche 911 GT3 (992) macht nicht nur von hinten einen schicke Figur – sondern ist auch absolut straßentauglich. © Porsche/HZ

Auf der viereinhalb Kilometer lange Rennstrecke am Bilster Berg genießt man die grandiose Lenkung mit beeindruckender Rückmeldung, das selbst im weit abgesteckten Grenzbereich spektakulär neutrale Heck, das sich nicht zuletzt Dank Hinterachslenkung und massigem Flügel gefügig um die Kurven zirkeln lässt und selbst bei der schmalen Talfahrt keinerlei Zicken macht. Sicher sorgt auch die neu entwickelte Doppelquerlenker-Vorderachse für die Ruhe im Vorderwagen – gepaart mit der breiteren Spur und einer verbesserten Anströmung des Vorderwagens. Der Heckdiffusor erzeugt viermal so viel Abtrieb wie beim Vorgängermodell. In der Summe sollen es 50 Prozent mehr Anpressdruck als beim Vorgänger sein, die sich in der Performance-Position bei Tempo 200 sogar um 150 Prozent steigern lassen. Viel Detailarbeit ist das was letztlich den Erfolg bringt und hier haben die Porsche-Entwickler einmal mehr einen grandiosen Job gemacht. (Kuriose Bezeichnungen von Automodellen: Mit dem Panamera toppt Porsche alle anderen)

Dabei ist es nicht so, dass der 4,57 Meter lange Porsche 911 GT3 auf der öffentlichen Straße nichts zu suchen hätte. Auf Landstraßen fühlt sich der Bolide mindestens ebenso zu Hause wie auf dem Rundkurs. Anders sieht es in der Innenstadt oder der Autobahn aus, denn trotz eines Maximaltempos von 320 km/h wird es durch Heckmotor, fehlende Dämmungen und dünne Scheiben schneller als erwartet so laut, dass man das Soundsystem getrost abschaltet. Der Preis für das schier unbeschreibliche Vergnügen: mindestens 167.518 Euro. (Von Stefan Grundhoff/press-inform)

Technische Daten Porsche 911 GT3 (992)
Motor/GetriebeSechszylinder-Boxer, 7-Gang-Doppelkupplung
Hubraum3996 ccm
Leistung/Max. Drehmoment375 kW (510 PS) / 470 Nm bei 6.100 U/min
Vmax/0–100 km/h318 km/h / 3,4 s
CO2-Ausstoß283 g/km
Normverbrauch12,4 Liter / 100 km
Basispreis167.518 Euro

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