Polestar 1 im Fahrbericht: Schick und teuer – aber mit einigen eklatanten Schwächen
Polestar ist die Elektromarke von Volvo – allerdings ist das erste Auto noch ein Plug-in-Hybrid. Der Polestar 1 beeindruckt mit seiner E-Reichweite – hat aber auch einige Schwächen.
München – In der Oberklasse der E-Autos macht sich ein neuer Herausforderer startklar. Denn bei der Mobilitätswende will künftig auch Polestar mitmischen. Dabei nähert sich der Newcomer als relativ unabhängiger Ableger der Traditionsmarke Volvo geschickt jungen Unternehmen wie Tesla oder Nio, ohne die alteingesessenen Autobauer Audi und Mercedes völlig aus dem Blick zu verlieren. Den Anfang machen die Schweden mit dem Polestar 1, der allerdings nicht viel mehr kann als spektakulär auszusehen. Denn weder fährt das futuristische Coupé rein elektrisch, noch taugt es bei Preisen ab 155.000 Euro zum Massenprodukt. Weil Volvo zum chinesischen Autokonzern Geely gehört, wird der Polestar 1 auch im Reich der Mitte gebaut.
Polestar 1: Plug-in-Hybrid mit 2,4 Tonnen Leergewicht
Dafür allerdings ist der ohnehin nur in Kleinserie gefertigte Zweitürer mit der coolen Front und dem kantigen Heck ausgesprochen sportlich unterwegs. Schließlich liegen die Systemleistung bei 448 kW/609 PS und das vereinte Drehmoment des Antriebs bei 1000 Nm. Das ermöglicht es dem Polestar trotz seiner knapp 2,4 Tonnen Leergewicht, in 4,2 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 zu beschleunigen und erst bei 250 km/h ins Leere zu laufen. Und weil die Kraft der E-Motoren besonders fein dosiert werden kann, schneidet er deutlich besser durch die Kurven als konventionell angetriebene Konkurrenten in dieser Klasse.

Polestar 1: 34-kWh-Batterie bringt eine überdurchschnittliche Reichweite
In Fahrt bringen den im chinesischen Chengdu gebauten Polestar 1 zwei E-Motoren mit jeweils 85 kW/116 PS und 240 Nm an der Hinterachse, die diesen Job selbst bei Vollgas die meiste Zeit alleine machen. Nur bei leeren Akkus, langer Fahrt unter hoher Last oder wenn der Fahrer explizit in den Power-Modus wechselt, schaltet sich im Bug der zwei Liter große Vierzylinder mit seinen 227 kW/309 PS zu. Dazu gibt es noch einen weiteren E-Motor im Getriebe, der mit 52 kW/71 PS und 161 Nm zusätzlich Anschub leistet oder als Generator während der Fahrt den Akku lädt. Und das ist oft nötig. Denn obwohl der Polestar 1 kein reines Elektroauto ist, hat er mit 34 kWh eine überdurchschnittlich große Batterie und entsprechend lange Ladezeiten. Dafür verfügt er jedoch mit 124 Kilometern über eine größere Reichweite als jeder andere Teilzeitstromer.

Polestar 1: Eklatante Mängel trüben das Bild des schicken Plug-in-Hybriden
So faszinierend der Polestar 1 auch fährt, über ein paar eklatante Mängel, die er als Erblast mitschleppt, kann er nicht hinwegtäuschen. Denn ursprünglich war der elektrische Erstling mal als großes Volvo-Coupé geplant, vom Akku-Antrieb war damals keine Rede. Die Platzverhältnisse im Fond sind deshalb miserabel, und der Kofferraum fasst wegen der Akkus gerade mal 143 Liter. Immerhin haben die Schweden aus der Not eine Tugend gemacht, den Batteriepack aufgeschnitten und die Technik hinter Glas hübsch inszeniert. (Tesla-Konkurrent Polestar: Infotainment wie am Handy – das hat seinen Grund)
Dafür bietet Polestar über den Antrieb hinaus viel innovative Technik, wie sie sich andere Newcomer oft nicht leisten können. Das beginnt beim Head-up-Display oder dem Online-Infotainment und endet bei einem üppigen Paket an Assistenzsystemen mit großer Autonomie für den Tempomaten.
Polestar 1: Radikaler Unterschied zu den Autos des Mutterkonzerns Volvo
Zwar ist Polestar eine hundertprozentige Volvo-Tochter. Doch auch wenn sich die Autoentwickler bei Plattform und Interieur unverkennbar aus dem Teilelager des Mutterkonzerns bedienen, machen sie in vielen Punkten einen radikalen Unterschied: Während Volvo seine Autos mittlerweile auf 180 km/h limitiert und dafür vor allem Sicherheitsgründe nennt, sind sie bei Polestar stolz auf ihre Sportlichkeit und das hohe Tempo. Und auch beim Vertrieb läuft alles anders: Statt endlos langer Optionslisten bietet Polestar für den Einser nur die Wahl zwischen verschiedenen Farben und Felgen. Und statt beim Händler bestellt man im Internet: Lediglich sieben sogenannte „Polestar Spaces“ soll es geben, bei denen man das Auto auch real anschauen und Testfahrten kann. (Volvo bremst sich aus: die Schweden limitieren ihre Autos ab sofort auf Tempo 180 – und sogar noch weniger)
Technische Daten Polestar 1 | |
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Motor/Getriebe/Antrieb | Vierzylinder-Benziner, Achtgang-Automatik, Allradantrieb |
Systemleistung/Systemdrehmoment | 448 kW (609 PS) / 1000 Nm |
Vmax/0–100 km/h | 250 km/h / 4,2 s |
Länge/Breite/Höhe | 4586 / 1958 / 1352 mm |
Leergewicht | 2350 kg |
Kofferraumvolumen | 143 Liter |
CO2-Ausstoß | 15 g/km |
Abgasnorm | EU6 |
Basispreis | 155.000 Euro |
Er ist ein prätentiöser Eyecatcher und könnte Polestar über Nacht als eine Marke bekannt machen, die Tesla näher ist als Volvo, Audi oder Mercedes. Doch als teures Spielzeug für umweltbewusste Schnellfahrer wird er zur Mobilitätswende keinen nennenswerten Beitrag leisten. Muss er aber auch nicht. Denn diese Rolle obliegt den folgenden Modellen, von denen mit dem Polestar 2 (Polestar 2: Schick, schnell und gut zu bedienen – doch dieses Extra fehlt leider) das erste schon in den Startlöchern steht. Der ist nicht einmal halb so teuer und fährt dann auch rein elektrisch. (dpa-infocom)