Opel Insignia Sports Tourer 2.0 GSi 4x4 im Test: Klasse Alltagsauto – wenn der Verbrauch niedriger wäre
Seit Kurzem hat Opel für den Insignia wieder eine echte Top-Motorisierung im Angebot. Der Realverbrauch in unserem Test fällt aber ziemlich hoch aus.
Rüsselsheim – Jetzt ist er wieder da: Mitte 2018 hatte Opel die leistungsstärkste Insgnia-Version, traditionell GSi genannt, vom Markt genommen. Im Herbst 2020 kehrte sie nach zweieinhalb Jahren wieder zurück. Auch als Kombi-Version „Sports Tourer“ erhältlich. Falls sich jemand allerdings auf heiße 260 PS und 400 Newtonmeter Drehmoment gefreut hatte: Nee, ist nicht mehr. Der Rüsselsheimer bekam einen neuen 2,0-Liter-Motor, der sich mit 30 PS und 50 Newtonmeter weniger begnügen muss.
Die wenigen Wettbewerber außerhalb des Premium-Segments im Mittelklassebereich bieten noch weniger: Die Konzernschwester Peugeot offeriert den 508 SW zwar mit fast gleich viel Leistung (225 PS), die aber nur aus 1,6 Litern Hubraum geschöpft werden, beim französischen Konkurrenten Renault sind es ebenfalls 225 PS, dort aber aus einem 1,8-Liter. Es kommt also darauf an, mit welchem Auto man den Insignia vergleichen will. Zum Vorgänger fehlt einiges an Power, im aktuellen Wettbewerb steht der Opel aber gut da. (Opel Crossland 1.2 Turbo: Auf ein Sicherheits-Extra ist nicht immer Verlass)

Opel Insignia Sports Tourer 2.0 GSi 4x4 im Test: Tolles Alltagsauto – wenn der Verbrauch nicht wäre
Weiterer Unterschied zum alten GSi: Der Allradantrieb ist jetzt nicht mehr permanent tätig, die Hinterachse muss per Knopfdruck zugeschaltet werden. Dort arbeiten zwei Kupplungen anstelle eines konventionellen Differentials, was den Einsatz von Torque Vectoring erlaubt, also einer der jeweiligen Fahrsituation angepassten Verteilung des Drehmoments ans linke und rechte Hinterrad. Davon merkt man als Fahrer natürlich nichts, allerdings lässt sich der Insignia schon bemerkenswert agil durch Kurven lenken. In vielen Fällen, etwa in der Stadt oder auf längeren Autobahnstrecken und trockener Fahrbahn fährt man aber auch mit reinem Vorderradantrieb sicher – und spart pro 100 Kilometer ein paar Zehntelliterchen Sprit ein. Der Realverbrauch von knapp 10 Litern über zwei Testwochen – trotz keinesfalls „wilder“ Fahrweise – ist allerdings kein Ruhmesblatt.
Zumal der GSi im Vergleich zum Vorgänger deutlich an Sportlichkeit eingebüßt hat, Fahrer mit Vorliebe für einen etwas direkteren, ungehobelteren Antritt werden dem alten Modell hinterhertrauern. Zudem geht dem Zweiliter-Benziner in den höheren 3.000er-Drehzahlen langsam die Luft aus und es wird – auf hohem Niveau – etwas zäher. Im Alltag ist der aktuelle Insignia allerdings das bessere, weil unstressigere Auto. (Astra mit 40.000 Münzen beklebt – der Grund für die Aktion ist kurios (mit Video))

Opel Insignia Sports Tourer 2.0 GSi 4x4 im Test: Die Neunstufen-Automatik arbeitet nicht allzu schnell
Das liegt auch am auf dem Nürburgring abgestimmten mechatronischen Flex-Ride-Fahrwerk, das serienmäßig vorhanden ist. Es arbeitet mit vier Einstellungen (Standard, Tour, Sport und Competition) und passt Stoßdämpfer und Lenkung entsprechend an. Auch die Gaspedalkennlinie und die Schaltpunkte des Getriebes werden mit einbezogen. Wir nutzten überwiegend die Standard-Einstellung und auf der Autobahn „Sport“ – und waren mit der Spreizung mehr als zufrieden. Nicht zuletzt auch deshalb, weil das Neunstufen-Automatikgetriebe zwar nicht allzu schnell, aber letztlich doch aufmerksam arbeitet, sodass man nach anfänglichem Rumspielen auf manuelle Gangwechsel über die Lenkradwippen schnell verzichtet.
Der Opel Insiginia GSi verzögert dank der rot lackierten Brembo-Vierkolbenbremsen ausgezeichnet und lässt auch nach mehrmaligen starken Bremsungen nicht fühlbar nach. Für eine dynamischere Frontoptik legten die Designer zudem noch den Kühlergrill mit Wabengitter, eine neu gestaltete Stoßstange und auffällige, aber nicht unbedingt schöne Lufteinlass-Blenden nach. Nicht zu vergessen steht der Kombi auf 20-Zöllern, auf die Michelin-Sportreifen im Format 245/35 aufgezogen sind.

Opel Insignia Sports Tourer 2.0 GSi 4x4 im Test: Länger als eine E-Klasse von Mercedes-Benz
Das lässt in puncto Komfort nicht unbedingt das Beste erahnen, aber ganz im Gegenteil überrascht der Opel zumindest im „Standard“- und im „Tour“-Modus mit einer ausgewogenen, von ungebührlichen Härten freien, aber trotzdem auch dynamischen Gangart. Eine kleine Meisterleistung der Opel-Ingenieure, mit der man sich auch von den französischen Wettbewerben deutlich absetzt.
Ein Sportwagen ist der Opel Insignia GSi also keinesfalls geworden, genauer gesagt ist er sogar weniger Sportwagen als zuvor. Dafür ist er ein ganz ausgezeichnetes, alltagstaugliches Auto, nicht nur beim Antrieb. Zunächst einmal ist er mit fast 5 Metern derart lang, dass er eigentlich gar nicht mehr in die Mittelklasse passt. Zum Vergleich: Die Kombi-Version der Mercedes C-Klasse, das Mittelklasse-Modell der Schwaben, misst gerade einmal 4,70 Meter, und selbst die ein Segment höher angesiedelte Mercedes E-Klasse ist noch 4 Zentimeter kürzer. (Volkswagen-Insider bestätigt: Ende beim VW Passat – auch diese Baureihe ist unsicher)

Opel Insignia Sports Tourer 2.0 GSi 4x4 im Test: Materialqualität durchschnittlich – Verarbeitung sehr gut
Das hat natürlich Folgen: Der Opel Insignia ist mit dieser Länge und seiner mit Außenspiegeln knapp 2,10 Metern Breite alles andere als handlich in der Stadt, etwa im Parkhaus. Auch der Wendekreis fällt mit 11,74 Metern nicht gerade knapp aus. Andererseits ist der letzte Opel auf einer GM-Plattform auch ein großzügiges Auto, optisch und was die Platzverhältnisse vorne und hinten angeht. Hinzu kommt ein gut beladbarer Kofferraum, der 560 Liter Raum für Gepäck bietet. Und fährt man nur zu zweit in den Urlaub oder hat mal einen Umzug zu bewältigen, steht nach dem Umlegen der im Verhältnis 40:20:40 teilbaren Rücksitze bis zu 1.665 Liter Stauvolumen zur Verfügung. Da lässt sich die nur durchschnittliche Materialqualität im Innenraum – bei allerdings bester Verarbeitung – und das etwas angestaubte Infotainment- und Navi-System mit einem nur 8 Zoll großen Bildschirm verkraften.
Der Opel Insignia ist ein in jeder Hinsicht stattliches Auto, in dieser Version zudem sehr schnell und mit knapp 51.000 Euro zwar nicht gerade billig, aber auch von Haus aus sehr gut ausgestattet. Unter anderem sind Matrix-LED-Leuchten mit 84 Segmenten pro Scheinwerfer, ein schlüsselloses Zugangssystem, diverse Assistenten, AGR-Sportsitze, Klimaautomatik und das Navigationssystem schon an Bord. Wer noch etwas Geld übrig hat, dem empfehlen wir für 1.350 Euro das Paket aus Head-up-Display und adaptiver Geschwindigkeitsregelung – und für weitere 1.030 Euro gibt es ein Paket mit Rückfahrkamera, Spurwechsel-, Rückfahr- und Toter-Winkel-Assistent.
Technische Daten Opel Insignia Sports Tourer 2.0 GSi 4x4 | |
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Motor/Getriebe/Antrieb | 2,0-Liter-Turbobenziner, Neungang-Automatik, Allradantrieb (zuschaltbar) |
Leistung/Drehmoment | 169 kW (230 PS) / 350 Nm bei 1.500–4.000 U/min |
Vmax/0–100 km/h | 235 km/h / 7,6 s |
Länge/Breite/Höhe | 4,99 / 1,94 / 1,49 Meter |
Normverbrauch | 8,7 Liter / 100 km |
CO2-Ausstoß | 198 g/km |
Abgasnorm | Euro 6d |
Preis | 50.975 Euro |
Der Opel Insignia dieser Generation kommt als GSi reichlich spät, die Baureihe insgesamt wird wohl in zwei bis drei Jahren in Rente gehen. Der nächste Insignia wird ein Schwestermodell des Peugeot 508. Wer also den letzten „echten“ Opel in einer besonders sportiven Variante fahren möchte, dem sei der GSi empfohlen. Es gibt ihn übrigens auch in der Limousinen-Version „Grand Sport“, praktischer und optisch gefälliger ist allerdings der rund 1.200 Euro teurere Kombi „Sports Tourer“. (Von Peter Eck/SP-X)