Gebrauchtwagenkauf: Checkliste, Preisverhandlung, Probefahrt – worauf Sie achten sollten
Den richtigen Gebrauchtwagen zu finden, kann nervenaufreibend und zeitintensiv sein. Mit diesen Tipps erfahren sie nicht nur, wie sie richtig verhandeln, sondern minimieren auch vorn vornherein das Risiko für Ärgerlichkeiten.
- Die Auswahl an Gebrauchtwagen ist dank Onlineplattformen riesig – von privat und von Händlern
- Mit einer Checkliste in der Probefahrt werden keine wichtigen Punkte am Gebrauchtwagen ausgelassen. So werden die meisten Mängel gefunden
- Den Gebrauchtwagenkauf schließt man mit der richtigen Strategie und einem Kaufvertrag in der Preisverhandlung gut und günstig ab
München – bevor es überhaupt zum Gebrauchtwagenkauf kommen kann, muss zuerst einmal das richtige Angebot her. Der Markt an Gebrauchtwagen ist im Autoland Deutschland riesig. Dank Internet kann jeder Interessierte bequem von zu Hause aus recherchieren. Die meisten Händler bieten oft nicht nur direkt auf der eigenen Internetpräsenz ihre Fahrzeuge an, sondern auch zusätzlich auf entsprechenden Plattformen wie mobile.de, autoscout24.de oder heycar.de. Dort tummeln sich zusätzlich private Verkäufer. Für Privatverkäufe eignen sich auch Kleinanzeigen-Portale wie Ebay-Kleinanzeigen. Ein interessantes Angebot kann also jeder recht leicht finden, auch wenn erste Startups der Branche wie Abracar in der aktuellen Lage schon wieder schließen:
Gebrauchtwagenkauf: Händler oder Privatperson?
Vor dem Gebrauchtwagenkauf sollte sich jeder Käufer im Klaren sein, ob er oder sie lieber von privat oder von einem Händler kaufen will. Wichtiger Unterschied: Der Händler muss eine Gewährleistung – die sogenannte Sachmängelhaftung – von einem Jahr auf den Gebrauchtwagen anbieten. Privatverkäufer müssen keine Garantie auf das Fahrzeug geben, hier gilt: gekauft wie gesehen.
Durch den ganzen Prozess lässt sich eine Checkliste anwenden. Wer diese abarbeitet, fällt nicht so leicht auf Betrüger herein oder kauft eine Gurke als Gebrauchtwagen. Bei der ersten Kontaktaufnahme sollten bereits einige grundsätzliche Fragen gestellt und vom Verkäufer beantwortet werden:
- Allgemeiner Zustand des Gebrauchtwagens
- Nächster TÜV-Termin
- Kilometerstand und Zustand des Fahrzeugs
- Möglichkeit der Probefahrt
- Besichtigungstermin
Der erste Eindruck des Gebrauchtwagens bei der Besichtigung
Ist ein interessanter Gebrauchtwagen gefunden und ein Besichtigungstermin mit Probefahrt vereinbart, steht nun der persönliche Kontakt zum Verkäufer und der erste Eindruck des Fahrzeugs an. Die Besichtigung sollte grundsätzlich tagsüber, bei möglichst gutem Wetter, und nicht im Dunkeln stattfinden. So lässt sich ein guter erster optischer Eindruck vom Gebrauchtwagen gewinnen.
Im Gespräch mit dem Verkäufer – egal ob Händler oder Privatperson – kann ein menschlicher Eindruck gewonnen und weitere Fragen geklärt werden, zum Beispiel:
- Zahl der Vorbesitzer
- Vergangene Reparaturen
- Unfallfrei oder nicht
- Sind alle Papiere (Checkheft, Zulassungsbescheinigungen, TÜV-Berichte) vorhanden und gepflegt
Wer sich mit seinem Gesprächspartner unwohl fühlt, sollte bei ihm nicht kaufen. Sind keine Antipathien vorhanden, kann der Gebrauchtwagen selbst in Augenschein genommen werden. Dafür checkt man:
- Allgemeinzustand des Lacks
- Ausschau nach Spachtelstellen (ggf. mit Magnet)
- Prüfung der Spaltmaße und Roststellen
- Ein Blick unters Auto (Ausbesserungen, Rost, Schäden, Leckstellen)
- Blick in den Motorraum (Öllecks, Flüssigkeitschecks, Kontrolle Fahrgestellnummer
- Prüfung Reifen und Bremsen
- Zustand Scheinwerfer und Licht
- Check des Fahrzeuginnenraums, einschließlich Kofferraum und allen Öffnungen, angemessener Verschleiß
- Check der weiteren Elektronik, Bordcomputer, Entertainment-Systeme
- Kilometerstand
Den Gebrauchtwagen auf der Probefahrt richtig checken – vor der eigentlichen Fahrt
Nachdem die Checkliste für den äußeren und ersten inneren Eindruck des Gebrauchtwagens abgeschlossen ist, geht es nun hinter das Lenkrad. Die Probefahrt steht an und auch hier lässt sich mithilfe einer Checkliste der Zustand des Fahrzeugs beurteilen. Zuvor sollte jedoch geklärt werden, wer bei einem Unfall während der Probefahrt haftet. In der Regel wird dies über Versicherung geregelt.
Die Probefahrt beginnt mit dem Starten des Motors. Hier sollte auf alle Nebengeräusche geachtet werden. Ruhig auch wieder aussteigen und sich den Motor bei geöffneter Motorhaube anhören. Bei ungewöhnlichen Nebengeräuschen ist der Grund oft unklar – daher sollte vom Gebrauchtwagenkauf abgesehen werden.
Dann sollten einmal alle Schalter und Elektronik ausprobiert sowie alle Gänge durchgeschaltet werden. So kommen Probleme bei der Kupplung und dem Getriebe zum Vorschein. Danach sollte einmal der Motor wieder ausgeschaltet werden. Zur Kontrolle der Kontrolllampen geht es auf die Zündung und dann startet man wieder den Motor.
Den Gebrauchtwagen auf der Probefahrt richtig checken – auf der Fahrt
Idealerweise hat man sich im Vorfeld schon eine abwechslungsreiche Strecke für die Probefahrt herausgesucht. Man sollte sich dabei an einer Fahrprüfung orientieren und einen Teil in der Stadt, einen Teil über Land und einen Teil Autobahn einbeziehen, um alle typischen Situationen mit dem Gebrauchtwagen abzudecken. Zunächst gewöhnt man sich in den ersten Minuten der Probefahrt an das Fahrzeug. Hier kann man noch mal alle Gänge durchschalten, auf die Reaktion der Pedale achten und auf weitere Nebengeräusche hören.
Auf der Probefahrt sollte man zudem einen Abschnitt suchen, auf dem man den Gebrauchtwagen einmal aus dem Stand beschleunigen und eine Vollbremsung machen kann. Hierdurch kann man prüfen, ob der Motor sauber zieht, die Bremsanlage und das ABS richtig funktionieren und auch das Halten der Spur lässt sich beurteilen.
Weiterhin lässt sich auf der Probefahrt checken:
- Geradeauslauf, wenn Hände vom Lenkrad genommen werden
- Spiel in der Lenkung
- Volleinschlag des Lenkrads (auf Nebengeräusche achten zwecks Funktion der Servopumpe)
- Im Stand die Kupplung langsam kommen lassen bei Halbgas (ein Fahrzeug mit gesunder Kupplung geht dann aus)
- Fahrt über unebene Straße (keine Nebengeräusche, kein Versetzen des Fahrzeugs)
- Bremsverhalten bei leichter Bremsung (kein Vibrieren im Lenkrad und im Bremspedal)
- Fahrt in hoher Geschwindigkeit (sind Nebengeräusche zu hören?)
Nach der Probefahrt mit dem Gebrauchtwagen ein Gesamtergebnis ziehen
Sind die obigen Checklisten zur Probefahrt mit dem Gebrauchtwagen abgearbeitet, lässt sich ein erstes Fazit ziehen. Der nächste Schritt im Gebrauchtwagenkauf ist nämlich die Preisverhandlung. Bevor es jedoch in die Preisverhandlung geht, sollte man einmal den Gesamtzustand des Gebrauchtwagens beurteilen.
Gab es kein Ausschlusskriterium nach der Checkliste (kein Gebrauchtwagen ist perfekt), bedeutet jeder Mangel am Gebrauchtwagen Munition für die Preisverhandlung. Alle Mängel, auch kleine und gerne auch optische Mängel, sollten noch einmal aufgelistet werden. Die sollten natürlich nicht aus der Luft gegriffen sein, sondern bei der Preisverhandlung konkret aufgezeigt werden können.
Wer sich unsicher ist, kann einen kompetenten Bekannten oder eine kompetente Bekannte mit auf die Probefahrt nehmen. Tatsächlich ist es durchaus hilfreich, zu zweit im Fahrzeug zu sitzen und beispielsweise auf Nebengeräusche zu achten. Alternativ kann man einen Gebrauchtwagentest bei einer Prüfstelle durchführen, beispielsweise bei DEKRA, KÜS, GTÜ oder dem TÜV. Dort checken unabhängige Prüfer das Fahrzeug und listen alle Mängel (Vertrauenscheck) auf. Die Kosten liegen bei etwa 90 bis 120 Euro (Stand März 2020).
Den Gebrauchtwagenkauf finalisieren: die Preisverhandlung
Sind alle Argumente für den Gebrauchtwagenkauf zurechtgelegt, geht es nun in die Preisverhandlung. Für gewöhnlich hat der Verkäufer bereits eine Preisvorstellung in der Online-Anzeige oder mündlich gegeben, auf die nun der Käufer mit seinen Argumenten reagiert.
Grundsätzlich kann man bei Mängeln beim Gebrauchtwagen unterschiedlich verhandeln. Entweder man spricht bei technischen Mängeln oder anstehenden TÜV mit dem Verkäufer ab, dass dieser die Mängel noch behebt und den Gebrauchtwagen durch den TÜV bringt, oder er kommt im Preis entgehen. Letzteres ist insofern gefährlich, da man nicht unbedingt immer weiß, wie teuer bestimmte Ersatzteile für das Fahrzeug sind.
Weitere Regeln bei der Preisverhandlung sind:
- Die gute Vorbereitung zeigen und selbstbewusst vortragen, immer fair und sachlich bleiben
- Schwächen des Gebrauchtwagens betonen, Stärken nicht erwähnen
- Preisverhandlungen nicht nur über den Preis, sondern auch über Zusatzleistungen führen (meist nur bei Händlern sinnvoll)
- Der Verkäufer hat den ersten Zug, der Käufer hat immer Alternativen
Kein Gebrauchtwagenkauf ohne Vertrag
Sind die Preisverhandlungen erfolgreich abgeschlossen, ist der Gebrauchtwagenkauf aber noch nicht zu Ende. Denn kein Gebrauchtwagenkauf ohne schriftlichen Vertrag! Ein schriftlicher Kaufvertrag ist wesentlicher Bestandteil bei jedem Autokauf, auch bei einem Kauf von privat. Dafür gibt es einen Mustervertrag vom ADAC. Im Streitfall liegen sonst keine Beweise vor, wem das Fahrzeug tatsächlich gehört.
Ist nun der Kaufvertrag von beiden Parteien unterschrieben, sind noch wenige Kleinigkeiten zu klären. Das Fahrzeug muss natürlich bezahlt werden. Nach der Bezahlung erhält man den Fahrzeugbrief. Bei Barzahlung passiert das natürlich direkt. Der Gebrauchtwagen muss dann nur noch abgemeldet oder umgemeldet werden. Die Zulassung erfolgt dabei auf der lokalen Zulassungsstelle.
Betrüger lassen sich nach dem obigen Vorgehen leicht entlarven. Hier noch mal ein paar Hinweise zusammengefasst, dass es sich um Betrug handeln könnte:
- Privatperson bietet mehrere Gebrauchtwagen an
- wichtige Unterlagen oder Dokumente fehlen oder sind fehlerhaft
- Abnutzungserscheinungen im Innenraum passen nicht zum Kilometerstand
- falsche Spaltmaße und Spachtelungen bei angeblicher Unfallfreiheit
- Verkäufer wirkt im Gespräch ungeduldig oder fordernd
- keine Probefahrt möglich
- Der Verkäufer will keinen Vertrauenscheck bei TÜV oder Dekra zulassen
- Einen schriftlichen Kaufvertrag lehnt der Verkäufer ab
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