VW-Boss Herbert Diess brutal unter Druck – wegen Tesla und Elon Musk: So will er das Steuer rumreißen
VW-Boss Herbert Diess bläst zum Frontalangriff auf Tesla und Elon Musk. Doch er kritisiert auch den eigenen Konzern scharf. Ein Befreiungsschlag – oder sein Anfang vom Ende?
Wolfsburg – Zwischen Volkswagen und Mitbewerber Tesla gibt es gravierende Unterschiede: Bei einem seit vielen Jahrzehnten etablierten, traditionellen deutschen Automobilkonzern – zu dessen Großaktionären sowohl das Land Niedersachsen als auch die Gründerfamilie gehören – muss der Vorstandsvorsitzende mehr im Blick haben als technische oder wirtschaftliche Aspekte. Und das nicht nur, weil die Volkswagen AG mit 671.200 Angestellten unter ihrem Dach mehrere unabhängige Marken (VW, Porsche, Audi, Škoda, Seat etc.) vereint: Im Gegensatz zum Business von Tesla-Boss Elon Musk (49) ist die Führung von Volkswagen also immer auch eine politische Herausforderung.
Dieser Aufgabe hat sich seit April 2018 Herbert Diess (62) angenommen, der bis Ende 2014 als Entwicklungsvorstand für BMW tätig war. Seitdem forciert er die Transformation vom Verbrennungsmotor zu alternativen Antriebsarten. Wie Herbert Diess im „Handelsblatt“ sagte, werde sich der Wandel der Automobilbranche „in zehn Jahren vollziehen – mit oder ohne Volkswagen“. Nun hat er in einem Internet-Post Versäumnisse eingeräumt – und dazu aufgerufen, den VW-Konzern vollständig zu wandeln. Was sich offensiv liest und eine klare Kampfansage in Richtung Tesla ist, lässt sich auch als versuchter Befreiungsschlag im Kampf um seinen Job interpretieren.

VW-Chef Herbert Diess wegen Tesla unter Druck – so will er das Steuer rumreißen
Denn einen heftigen Rückschlag musste der 62-Jährige bereits hinnehmen: Als er 2015 zu VW kam, übernahm er zunächst als Vorstandschef die Marke Volkswagen, also nur die VW-Pkw-Sparte. Nach einem internen Konflikt musste er allerdings die Führung der Kernmarke im Juni 2020 an den bisherigen COO Ralf Brandstätter (52) abtreten. In die Kritik geraten war Herbert Diess wegen technischer Probleme in der Produktion – offiziell hieß es, er solle „mehr Freiraum für seine Aufgaben als Konzernchef“ bekommen. (Volkswagen: Diese vier Gründe führten zur Entmachtung von Herbert Diess)
Wie Herbert Diess jetzt beim Business-Netzwerk LinkedIn schreibt, sei aus einem von ihm initiierten Workshop die Strategie „Transform 2025“ sowie die VW-eigene Elektroauto-Plattform MEB („Modularer E-Antriebs-Baukasten“) hervorgegangen. Es habe sich viel getan: Er nennt den VW ID.3, das erste vollelektrische Modell des Konzerns auf MEB-Basis. Dem sollen allein im Jahr 2021 zehn weitere Modelle der fünf Volkswagen-Marken folgen mit dem VW ID.4 an der Spitze – doch auch von einem „E-Polo“ (VW ID.2), zur Erweiterung der rein elektrischen Palette nach unten ist die Rede.
Immer wieder kommt Herbert Diess auf Erzrivale Tesla zu sprechen: Bereits im April 2020 habe man sich im Workshop „Mission T“ gefragt: „Was müssen wir in den nächsten sechs Monaten erreicht haben, damit wir Tesla bis 2024 technisch einholen?“ Ein spezielles Team sollte mit Zugriff auf alle Konzernressourcen ein E-Auto entwickeln, das den Modellen von US-Konkurrent Elon Musk mindestens ebenbürtig sein sollte. Dazu sei ein Ausbau der eigenen Software-Kompetenz zwingend notwendig. (VW-Boss Herbert Diess ungewöhnlich selbstkritisch: „Da sind wir wirklich Anfänger“)

VW-Chef Herbert Diess wegen Tesla unter Druck – „Tesla Fighter“ soll kommen
Das Konzept von Konzernchef Diess sieht ein als „Tesla-Fighter“ bezeichnetes Elektrofahrzeug vor, das spätestens 2025 auf den Markt kommen soll. Der „Tesla-Fighter“ soll unter dem Dach der Marke Audi ausgeliefert werden. Außerdem lässt Volkswagen seine Töchter Audi und Porsche die neue „Premium Platform Electric“ (PPE) entwickeln. Auf deren Basis sollen dann die hochwertigsten Elektroautos des Konzerns gebaut werden. (VW-Boss Herbert Diess im Golf 8 GTI – Kritik im Netz: „Aus der Zeit gefallen“)
Herbert Diess übt aber auch scharfe Kritik – sowohl an sich selbst als auch am „System Wolfsburg“. Er beklagt die Schwierigkeit, „alte verkrustete Strukturen aufzubrechen“ – gesteht allerdings auch, seinen „gelegentlich konfrontativen“ Führungsstil im Laufe der Zeit den Gegebenheiten angepasst zu haben. Er mahnt noch einmal eindringlich, dass VW beim Wandel vorangehen müsse. Diesbezüglich schreibt er: „Das wertvollste Unternehmen der Welt wird in zehn Jahren wieder ein Mobilitätsunternehmen sein.“ Ob es sich dabei aber um Volkswagen oder Tesla handelt, lässt er offen. (Hier fahren Herbert Diess und Elon Musk den neuen VW ID.3: „Keine Renn-Maschine“)
Der Tenor der Diess-Initiative ist durchweg selbstbewusst und angriffslustig. Doch glaubt man dem „Handelsblatt“, befindet sich der 62-Jährige inmitten eines heftigen Machtkampfs mit dem Wolfsburger Betriebsrat. Der Top-Manager selbst erwarte sich zur Bestätigung seines Transformations-Kurses eine frühzeitige Verlängerung seines bis April 2023 laufenden Vertrages. Wie das „Manager Magazin“ schreibt, werde darüber schon bald entschieden. Vor diesem Hintergrund ist Herbert Diess‘ LinkedIn-Beitrag vor allem als Werbung in eigener Sache zu verstehen.

VW-Chef Herbert Diess wegen Tesla unter Druck – will Elon Musk deutschen Autohersteller kaufen?
US-Unternehmer Elon Musk widmete sich unterdessen erfreulicheren Dingen. Der bekennende Workaholic nahm in Berlin den Award eines Medienhauses entgegen. Musk wurde mit dem Preis ausgezeichnet, um sowohl seinen Erfindergeist als auch seine Innovationskraft zu würdigen. Musk wurde gefragt, ob er einen deutschen Autohersteller kaufen will. Vielsagende Antwort: „Nein, wenn einer möchte, auf uns zukommt, vielleicht.“ Die Nacht nach der Preisverleihung verbrachte der Multi-Milliardär übrigens im Konferenzraum seiner Gigafactory-Baustelle. (Elon Musk will’s wissen: Größte Batteriefabrik der Welt und eigener Tesla nur für uns)
Freuen dürfte sich der Multimilliardär, der unlängst zum zweitreichsten Mensch der Erde aufgestiegen ist, auch darüber, dass das brandenburgische Landesamt für Umwelt Tesla auf der Baustelle seiner Gigafactory Berlin-Brandenburg nun Rodungen in größerem Umfang gestattet hat. Und das obwohl der E-Auto-Hersteller nach wie vor lediglich mit vorläufigen Genehmigungen baut. (Tesla Gigafactory Berlin-Brandenburg: Bringen Umweltschützer das Großprojekt zu Fall?)
Ganz ohne Sorgen ist allerdings auch Elon Musk nicht: Wie merkur.de berichtet, droht Tesla nämlich in den USA massiver Ärger und eine Mega-Rückruf-Aktion* wegen unzähliger Mängel verschiedener Modelle. Manchen Tesla-Besitzern ist das Dach ihres Fahrzeugs davongeflogen – andere entdeckten Pfusch-Konstruktionen mit Baumarktteilen.
So hat die US-Bundesbehörde für Straßenverkehrssicherheit (NHTSA) eine offizielle Untersuchung zur Funktionsfähigkeit der Media Control Unit (MCU) eingeleitet. Die MCU ist die zentrale Steuereinheit – und somit integraler Bestandteil der Tesla-Fahrzeuge. *merkur.de ist Teil des Ippen Digital-Netzwerks