Volvo mit Android im Test: Das kann das Smartphone auf Rädern
Was ist Android Automotive? Jedenfalls nicht mit Android Auto zu verwechseln. Denn dieses System ist tief in den Pkw integriert. Was hat der Fahrer davon?
Mountain View (USA) – Stahl und Blech, Motor und Fahrwerk: Die klassischen Auto-Komponenten rücken in der öffentlichen Wahrnehmung mehr und mehr in den Hintergrund. Die Software, die Kommunikation, Navigation und Entertainment steuert, wird dagegen zunehmend wichtiger. Die Autohersteller, vor allem die deutschen Premiummarken, investieren hohen Aufwand in gut funktionierende und optisch ansprechend aufbereitete Systeme wie Mercedes MBUX und BMW iDrive. (BMW ohne Touchscreen: Folgen des Chipmangels immer heftiger)
Volvo mit Android im Test: Das kann das Smartphone auf Rädern
Doch die Konkurrenz aus dem Silicon Valley hat den Angriff auf das Cockpit längst gestartet – unter Beifall der Kunden, von denen viele ihr Smartphone am liebsten eins zu eins ins Auto verlängern würden. Bluetooth-Anbindung und Verknüpfung via Apple CarPlay und Android Auto waren nur der Anfang. So plant Apple, das iPhone des Fahrers künftig mit weitreichenden Steuerungsmöglichkeiten für das Auto auszustatten.
Die Alphabet- (also Google-)Tochter Android geht mittlerweile noch einen Schritt weiter: Das weltweit erfolgreichste Betriebssystem für Smartphones hat sich bereits völlig von diesem gelöst, und wird in einer Automotive-Version von immer mehr Herstellern direkt ab Werk genutzt. Die Kalifornier werden damit zum Zulieferer renommierter Automarken: So nutzt der Renault Mégane E-Tech das System bereits, Ford, GM, Honda und der Stellantis-Konzern werden demnächst einsteigen – und sogar Volkswagen erwägt, Android Automotive zumindest teilweise zu integrieren. (Volvo V90 B4 Cross Country im Test: So schlägt sich der Basis-Diesel)
Volvo mit Android im Test: Unterwegs im Volvo XC60 Recharge
Der chinesische Geely-Konzern mit Marken wie Volvo und Polestar gehört wie Renault/Nissan zu den ersten Nutzern, und spart damit die Entwicklung eines eigenen Systems. Aber was hat der Käufer davon? Das haben wir in dem Hybrid-SUV Volvo XC60 Recharge ausprobiert.
Vor allem Android-User werden sich nach dem Starten des Autos sofort heimisch fühlen: Ohne, dass sie ihr Samsung, Xiaomi oder anderes Smartphone über Android Auto überhaupt koppeln müssen, erscheinen auf dem großen Display der Mittelkonsole die üblichen Apps im vertrauten Google-Design, systemeigene wie Assistent ebenso wie fremde wie Spotify. Wer die Navi-Taste des Autos betätigt, gelangt denn auch nicht zu einem eigenen Volvo-Navi, sondern direkt zu Google Maps – was für eine Premiummarke erst einmal ungewöhnlich ist. (Polestar 2 im Test: Das unterscheidet das E-Auto von VW, Audi und Co.)
Volvo mit Android im Test: Schneller Zugriff auf Navi-Ziele
Der große Vorteil: Wer sich mit seinem Google-Konto einloggt, hat ohne große Tipperei automatisch den vollen Zugriff auf seine üblichen Ziele. Die schnellste Route ins Büro der nach Hause ploppt automatisch auf, auch andere Locations, die gerade wichtig sein könnten, ahnt das Auto google-typisch vorab und bietet sie, wie vom Smartphone gewohnt, an. Eine beliebige Firma, ein Hotel, Restaurant oder Supermarkt findet Google zuverlässig und oft besser als Auto-Navis. Durch die tiefe Integration erscheint die Maps-Zielführung auch im Kombi-Instrument oder Head-up-Display. Ganz so schick aufbereitet wie etwa in einem Audi oder BMW ist die Karten-Darstellung freilich nicht, auch das Zoomen klappt nicht ganz so intuitiv.

Die Sprach-Bedienung per „Ok Google“ klappt so gut oder schlecht wie auf dem Smartphone. Die Frage nach dem „Wetter am Ankunftsort“ beantwortete eine nette weibliche Stimme mit „Das Wetter kommt von Westen“ – erst die Nennung des Ortes brachte eine brauchbare Vorhersage. (Apple-Auto mit Problemen: Steckt das iCar in der Sackgasse?)
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Volvo mit Android im Test: Nicht alles aus dem Playstore ist verfügbar
Das eigene Telefonbuch ist natürlich parat, und die Spotify-Playlist nach dem entsprechenden (einmaligen) Log-in. Apps aus dem Playstore, die ablenken, sind tabu – dazu zählt etwa Whatsapp oder auch Netflix, obwohl das für den Beifahrer, oder an einer längere Pause an einer Ladesäule, durchaus praktisch sein könnte.

Ein weiterer Vorteil von Android Automotive gegenüber der Anbindung des Handys via Android Auto: Das eigene Datenvolumen wird nicht belastet, der Volvo bringt seine eigenes mit. Auch ist der Empfang der Daten dank der besser, als er über das eigene, in der Konsole liegende Smartphone wäre.
Wer allerdings ein iPhone sein Eigen nennt, kann zwar auch sein (eventuell vorhandenes) Google-Konto nutzen. Um eine zusätzliche Koppelung per Bluetooth, etwa zum Telefonieren, oder um Songs via Apple Music abzuspielen, kommt er allerdings nicht herum: Eine Anbindung mittels CarPlay ist derzeit noch nicht möglich. Sie soll aber, so versprach Volvo auf Nachfrage, später nachgereicht werden.