Elektroautos: Ist Wasserstoff mit Brennstoffzelle der bessere Antrieb?
Elektroautos fahren auf der Überholspur. Die meisten Hersteller nutzen Akkus als Energiespeicher. Einige geben Wasserstoff mit Brennstoffzelle bessere Chancen – doch die hat auch Nachteile.
Die zweite Generation des Toyota Mirai ist derzeit wohl das bekannteste aller Elektroautos. „Wir haben das Auto so konzipiert, weil die Menschen es wegen seiner Leistung und seines Aussehens besitzen wollen. Nicht allein, weil es ein FCEV ist“, so Chefentwickler Yoshikazu Tanakai. Das Kürzel steht für Fuel Cell Electric Vehicle – also ein Elektroauto mit Brennstoffzelle, die Strom gewinnt, indem Wasserstoff mit Sauerstoff reagiert.
Elektroautos: Ist Wasserstoff mit Brennstoffzelle der bessere Antrieb?
Die Stückzahlen der japanischen Sauber-Limousine sind zwar überschaubar, doch für einen Achtungserfolg auch in Deutschland reichen sie alle mal. Und halten das Interesse des Wasserstoff-Autos vital – das nicht, wie oft dargestellt, eine Alternative oder gar Konkurrenz zum Elektroauto ist, sondern eben ein solches. Mit dem Unterschied, dass der Strom nicht in Akkus, sondern in Form von Wasserstoff gespeichert wird.

Elektroautos: Wasserstoff verliert mehr Energie als Akkus
Dadurch hat dieses Prinzip einen großen Vorteil: Das Auto kann deutlich schneller betankt werden als ein E-Mobil mit Akku, und dann weiter fahren. Stand-Dauer und Reichweite unterscheiden sich kaum von denen eines Benziners. Dem stehen indes einige Nachteile gegenüber. So ist der Wirkungsgrad geringer als die Stromspeicherung per Akku. Es geht also von der Energie-Erzeugung bis zum Rad – Fachleute sprechen von „Well to wheel“ – mehr Power verloren. Etwa 27 Prozent bleiben am Ende übrig, das sind deutlich weniger als die 64 Prozent von Akku-Autos, aber immerhin mehr als die ca. 20 Prozent bei Verbrennern.
Andere Probleme hingegen sind in mehr als zwei Jahrzehnten Entwicklung immer kleiner geworden: Mittlerweile dampfen die Tanks nicht mehr ab, was nach längerem Parken Geld und Reichweite kostete. Modelle wie der Mirai von Toyota oder der Hyundai Nexo können auch bei Minustemperaturen problemlos starten, und die Tanks sind unsichtbar und crashsicher in der Fahrzeugstruktur verbaut.
Vorteile von Wasserstoff-Autos:
- Schnelle Betankung
- Hohe Reichweite
- Steuer-Ersparnis
- Staatliche Subvention beim Kauf
Nachteile von Wasserstoff-Autos:
- Hoher Fahrzeugpreis
- Schlechte Tank-Infrastruktur
- Wasserstoff so teuer wie Sprit
- Tankvorgang benötigt Einweisung
- Möglicherweise Explosions-Risiko bei Unfall
Der größte Hemmschuh indes: Es hapert an der Infrastruktur. Wer unterwegs Wasserstoff (chemisches Zeichen: H2) tanken muss, fährt noch längere Umwege als in einem Akku-Mobil. Und findet dann eventuell eine defekte Säule vor. Oder muss feststellen, dass eine komplette Region nicht mit dem Energiestoff beliefert wurde – und er die nächste Tankmöglichkeit nicht mehr erreichen kann. Ein Problem, das die Auto- und Energiebranche freilich lösen könnte, wenn sie denn wollte. Doch die setzt derzeit setzt die ganz auf Elektromobile mit Akkus als Energiespeicher.

Allerdings gibt es durchaus einige Autohersteller, die weiterhin auf Wasserstoff setzen:
- Toyota: Der weltgrößte Autokonzern versuchte lange sogar, den Trend zu batterie-elektrischen Autos zu ignorieren, und setzte etwa mit seinem Modell Mirai II ganz auf Brennstoffzelle und Wasserstoff. Zwar schwenke Toyota mittlerweile auf Mainstream um, doch sieht man Wasserstoff ganz klar weiterhin als Option auch für künftige Modelle (und lässt etwa Yamaha einen mit H2 betriebenen V8 entwickeln). Vor allem bei Transportern und Nutzfahrzeugen investieren die Japaner hier viel Entwicklungsarbeit.
- BMW: Der bayerischen Autobauer hält sich derzeit alle Antriebs-Optionen offen, dazu gehören neben Akkus, Hybrid und klassischen Verbrennern eben auch Brennstoffzelle plus Wasserstoff. Für die Zukunft sind einige Fuel-Cell-Autos geplant. „Wasserstoff ist aus unserer Sicht das fehlende Puzzle-Teil, das E-Mobilität dort vervollständigen kann, wo sich Batterie-elektrische Antriebe nicht durchsetzen werden“, glaubt BMW-Chef Oliver Zipse, und Entwicklungsvorstand Frank Weber ergänzt: „Für die Resilienz unserer Industrie ist es wichtig, dass wir auf beide Systeme setzen.“ Der BMW iX5 Hydrogen wird demnächst in Kleinserie, später womöglich als Volumenmodell produziert.
- Hyundai: Die Südkoreaner haben mit dem SUV Nexo ein Wasserstoff-Auto im Programm, und planen für die Zukunft noch weitere.
- Renault: Der französische Autohersteller hat ein Wasserstoff-Konzeptauto angekündigt, ist bei den Details bislang aber eher vage geblieben.
- Pininfarina: Die italienische Designschmiede hat zusammen mit dem afrikanisch-europäisches Start-up NAMX ein SUV entwickelt, das H2 in Kapseln auch in entlegene Regionen mitführen kann.
- Die US-Konzerne Ford und General Motors forschen Gerüchten zufolge an Wasserstoff-Autos.
- Chinesische Autohersteller wie die hierzulande noch unbekannte Marke Chongqing Changan planen ebenfalls H2-Autos. Ob und wann sie in China oder gar hierzulande zu kaufen sind, ist völlig offen.
Über die Frage, ob Wasserstoff in Autos eine Zukunft hat, sind die Hersteller also genauso uneins wie Experten. Für Lkw dürfte er sinnvoll sein, da Akkus das Gewicht ohnehin schon schwerer Lastzüge weiter erhöhen. Auch bei Pkw hat er Fürsprecher, bei einer repräsentativen Umfrage des Portals mobile.de favorisierte ihn sogar fast ein Drittel der Befragten als Antriebsart der Zukunft, deutlich vor Elektrofahrzeugen mit Akku (14,8 Prozent) und Benzin (13,9 Prozent).
Den Durchbruch könnten möglicherweise Wasserstoff-Technologien der Zukunft bringen. Forscher der Deakin University im australischen Geelong haben beispielsweise ein Verfahren entwickelt, das H2 an ein Pulver bindet, was die Handhabung deutlich vereinfachen würde.
Nichts verpassen: Alles rund ums Thema Auto finden Sie im regelmäßigen Auto-Newsletter unseres Partners tz.de.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Text ist bereits in der Vergangenheit erschienen. Er hat viele Leserinnen und Leser besonders interessiert. Deshalb bieten wir ihn erneut an.
Elektroautos: Mehrheit der Fachleute ist skeptisch
Aber wann, und ob überhaupt, das Wasserstoffauto im Markt so richtig ankommt, ist offen. Die Mehrzahl der Experten bescheinigen der Brennstoffzelle eher düstere Zukunftsaussichten. Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung etwa hat da gar keine Zweifel mehr: „Das Zeitfenster für Wasserstoffautos, um einen relevanten Marktanteil zu erreichen, ist so gut wie geschlossen“, erklären die renommierten Wissenschaftler, das gelte auch für Lkw. Auch Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach, sieht in naher Zukunft weder die Brennstoffzelle noch E-Fuels als gängige Antriebe für Pkw. Trotzdem gilt: Im Rennen Akku gegen Wasserstoff gibt es einen Führenden, aber zu Ende ist es noch lange nicht.