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Gravierende Mängel bei Tesla-Flotte: Taxi-Unternehmen fordert Riesen-Entschädigung

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Von: Sebastian Oppenheimer

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Eine niederländische Taxifirma hat enorme Probleme mit ihrer Tesla-Flotte – nun will das Unternehmen gegen den amerikanischen E-Auto-Hersteller von Elon Musk vor Gericht ziehen.

Rotterdam – Der kalifornische Elektroautobauer Tesla legt aktuell einen Höhenflug hin: Der Börsenwert ist enorm, viele sehen in dem von Elon Musk gelenkten Unternehmen den Technologieführer – sogar Volkswagen-Chef Herbert Diess (62). Immer wieder spricht der VW-Boss davon, dass die Wolfsburger zu Tesla aufschließen müssten. Allerdings könnte der kalifornische E-Autohersteller noch eine böse Bauchlandung hinlegen, denn das Unternehmen hat ein massives Problem – und das heißt: Qualität. Immer wieder tauchen im Internet Berichte von frustrierten Käufern auf. Es geht unter anderem um abfallende Stoßstangen, um unsaubere Spaltmaße und um Pfusch-Konstruktionen im Motorraum. Gerade beim Tesla Model Y häufen sich die Beschwerden. Ein niederländisches Taxiunternehmen hat nun die Nase voll von mieser Qualität und schlechtem Service: Die Bios-Groep mit Sitz in Rotterdam will gegen den Autobauer vor Gericht ziehen – und verlangt 1,3 Millionen Euro Entschädigung.

Tesla-Flotte mit gravierenden Mängeln: Taxi-Firma fordert Riesen-Entschädigung

Wie das Unternehmen auf seiner Website schreibt, gebe es massive Schwierigkeiten mit der Tesla-Flotte. Der Fuhrpark-Manager von Bios, Tofik Ohoudi, wird mit dem Satz zitiert, er habe niemals in seinem Leben mehr Probleme gesehen als bei den kalifornischen E-Autos. Zu den Schäden gehörten etwa kaputte Servolenkungen und defekte Antriebswellen – und das bereits nach wenigen Monaten. Ein weiterer wiederkehrender Defekt, selbst bei brandneuen Autos: Ein gebrochener Querlenker – davon hat die Bios Groep sogar ein Video hochgeladen. Das Kuriose daran sei, das so etwas normalerweise erst nach 500.000 Kilometern vorkomme. Auch mit den Navigationssystemen gebe es Probleme. Aktuell seien 20 Tesla-Taxis defekt. (Mann tauscht nagelneuen Tesla gegen gebrauchten VW Golf – „furchtbare Qualitätskontrolle“)

Ein Tesla-Taxi (Symbolbild)
Ein Taxiunternehmen will gegen Tesla vor Gericht ziehen (Symbolbild). © imago images / Overstreet

Dabei habe die Beziehung zu Tesla vor sechs Jahren so vielversprechend begonnen, schreibt Bios. Zusammen mit SchipholTaxi hat das Unternehmen am Flughafen von Amsterdam eine achtjährige Konzession für den Betrieb erhalten – an dem Airport dürfen nur elektrische Taxis vorfahren. 2014 habe Bios 72 Tesla Model S für 5,7 Million Euro gekauft, dafür flossen auch Subventionen in Höhe von 720.000 Euro, allerdings nur wenn die Reichweite der Fahrzeuge mehr als 400 Kilometer beträgt. Doch die Teslas hätten das nie geschafft. (Tesla Model X: Forscher hacken Schlüssel mit Billig-Technik)

Tesla-Flotte mit gravierenden Mängeln: Allein 2018 mehr als 75 Defekte

2016 einigten sich Bios und der kalifornische E-Autobauer auf einen Kompromiss: 64 Tesla Model S wurden gegen das neuere, aber auch teurere Tesla Model X ausgetauscht. Die Aktion kostete das Taxiunternehmen mehr als 7,9 Millionen Euro. Amsterdam schoss erneut 320.000 Euro an Subventionen zu. Ab November 2017 begann die Auslieferung der Tesla Model X, nun schien die Reichweite zu passen – dafür hätten die Autos nun so viele Mängel gehabt, dass sie häufiger in der Werkstatt als auf der Straße zu finden gewesen seien. 2018 hätten 75 Defekte repariert werden müssen, 60 im Jahr 2019.

Tesla-Flotte mit gravierenden Mängeln: Auch Kilometerzähler machen Probleme

Das Taxi-Unternehmen Jappie aus Zwanenburg, das zusammen mit Bios am Flughafen Schiphol fährt, habe mit seinen zehn Teslas die gleiche Erfahrung gemacht. „Ich musste bei Mercedes noch nie einen Querlenker oder Antriebswellen ersetzen. Nicht einmal als wir Rollstuhltransporte machten und die Transporter schwer beladen waren“, wird der Chef der Firma zitiert. Ein weiteres schwerwiegendes Problem laut Bios-Groep: der Kilometerzähler. Die Anzeige des Bordcomputers sei nicht korrekt. Das könne den Taxiunternehmen als Betrugsversuch ausgelegt werden, heißt es. Die Lösung von Tesla: Die Mechaniker wollten den Kilometerstand einfach an die durch die Taxifahrer festgestellten Abweichungen manuell anpassen. Doch das sei für die Taxiunternehmen nicht akzeptabel: Schließlich sei dies strafbar.

„Meines Wissens hat Bios noch nie einen Lieferanten vor Gericht gebracht. Normalerweise kannst du das Problem zusammen aus der Welt schaffen“, erklärt Bios-Groep-Chef René van der Veer. Es habe manchmal auch Schwierigkeiten mit den Autos des vorherigen Zulieferers Mercedes-Benz gegeben, aber dann „kamen die Männer mit den weißen Kitteln aus Deutschland und die Probleme wurden gelöst.“ 

Tesla-Flotte mit gravierenden Mängeln: Reparatur-Anmeldung nur per Online-Formular

Die Krönung der Probleme mit Tesla sei jedoch der Service. Zunächst habe man bei Bios einen festen Ansprechpartner gehabt – wie bei einem großen Flottenkunden üblich. Ab Oktober 2018 jedoch erfolgte die Kommunikation dann nur noch über ein anonymes „Front Office“, bei dem nur selten jemand ans Telefon gegangen sei. Seit Juni 2019 wird gar nicht mehr telefoniert: „Probleme müssen in ein Online-Formular eingetragen werden und dann kann man nur hoffen, dass jemand antwortet“, ärgert sich Bios-Groep-Chef René van der Veer. Außerdem dürfen seit 2019 nur noch zwei Bios-Fahrzeuge gleichzeitig zur Reparatur zu Tesla geschickt werden – sollten mehrere Fahrzeuge kaputt sein, stünden die Taxis wochenlang still. Die Fahrer jedoch seien fest angestellt und würden weiter bezahlt. Deshalb macht Bios Tesla für einen Umsatzverlust von 1,3 Millionen Euro verantwortlich.

Tesla-Flotte mit gravierenden Mängeln: Jetzt profitiert dieser deutsche Autobauer

2018 habe Tesla die Mängel noch kostenlos repariert, seit 2019 jedoch bekomme Bios von dem kalifornischen E-Auto-Hersteller Rechnungen in Höhe von zehntausenden Euro. Laut Tesla ist die Garantie von bis zu 80.000 Kilometern inzwischen abgelaufen. Rechnungen in Höhe von 150.000 Euro sind noch nicht beglichen, da das Taxiunternehmen die Zahlung verweigert. „Wir zahlen einfach für Wartung und normale Reparaturen“, erklärt Bios-Groep-CEO René van der Veer. „Aber warum um alles in der Welt sollten wir für defekte Teile bezahlen müssen?“ Der Fall ist jetzt so weit eskaliert, dass Tesla sich weigert, die Autos zu reparieren.

Trotz des ganzen Ärgers ist René van der Veer vom elektrischen Fahren überzeugt. Aber ob man weiterhin Tesla-Fahrzeuge kaufen werde, stehe in den Sternen. Nun kann sich auf jeden Fall ein deutscher Autobauer freuen: Die Bios Groep hat inzwischen fünf Audi e-tron gekauft. „Dort geht wenigstens jemand ans Telefon.“

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