Tesla-Geständnis: Autonomes Fahren weit entfernt – doch Elon Musk verspricht „Full Self Driving“ für alle
Tesla-Boss Elon Musk verspricht allen Kunden volle FSD-Funktion – und autonomes Fahren noch 2021. Der Mailverkehr seines Chef-Anwalts spricht jedoch eine ganz andere Sprache.
Palo Alto (Kalifornien) – Bereits vor einiger Zeit hat US-Elektroauto-Hersteller Tesla entschieden, die Beta-Version seiner Selbstfahr-Software FSD („Full Self-Driving“) unter realen Bedingungen zu erproben. Zu diesem Zweck wurde die FSD-Funktion via Over-the-Air-Update an ausgewählte Tesla-Fahrer in den USA verteilt. Im „Early Access“-Programm von Elon Musks Unternehmen befanden sich zunächst etwa 1.000 Menschen. Diese Zahl wurde in der Folge sukzessive erhöht. Nun soll die Gruppe der Beta-Tester deutlich vergrößert werden.
Tesla-Geständnis: Autonomes Fahren weit entfernt – doch Elon Musk verspricht „Full Self Driving“ für alle
Tesla-CEO Elon Musk ließ es sich nicht nehmen, die aufregende Neuigkeit höchstselbst zu verkünden – wie in den meisten Fällen per Twitter: „Wenn ihr die Tesla Full-Self-Driving-Beta auf eurem Auto haben wollt, lasst es uns wissen. Wir verdoppeln die Größe des Beta-Programms mit Software-Version 8.2 und werden sie mit Version 8.3 wahrscheinlich verzehnfachen. Seid immer noch vorsichtig – aber sie [die FSD-Funktion; Anm. d. Red.] wird langsam ausgereifter.“ (Elon Musk will Tesla Roadster schon 2022 schweben lassen – mit Raketen-Power von SpaceX)

Teilweise zwangen diese Aussichten auf autonomes Fahren nach Elon Musks Aufforderung Teslas Mail-Server in die Knie. Das Unternehmen wurde geradezu von einer Flut an Kontaktversuchen überschwemmt. Einmal in Fahrt, legte der exzentrische Tesla-Boss nach – und weitete sein Versprechen vollmundig aus: „Aufgrund der hohen Nachfrage nach FSD Beta fügen wir in etwa 10 Tagen die Schaltfläche „Download Beta“ im Servicebereich eures Fahrzeug-Displays hinzu.“ (Ist Teslas neues Lenkrad illegal? Deshalb droht Elon Musk wieder Ärger mit Verkehrsbehörde)
Tesla gesteht: Autonomes Fahren in weiter Ferne – laut Elon Musk kommt FSD noch 2021
Erneut große Töne von Tech-Milliardär Elon Musk – und das ungeachtet der Tatsache, dass Teslas FSD-Funktion trotz ihres beeindruckend klingenden Namens keineswegs die Fähigkeit zu vollständig autonomem Fahren bietet. Die Software kann mit vielen verschiedenen Szenarien und Problemstellungen bis dato noch nicht sicher umgehen. In diesem Kontext hat Tesla laut US-Magazin „Car and Driver“ der kalifornischen Zulassungsbehörde mitgeteilt, dass „Full Self-Driving“ nichts damit zu tun habe, dass die Autos autonom fahren könnten. Das steht in krassem Gegensatz zu manch öffentlicher Äußerung von Konzern-Chef Elon Musk, der die entsprechende Autonomie-Fähigkeit seiner Elektroautos immer wieder anpreist. (Tesla erzielt erstmals Gewinne – aber nicht durch Autoverkäufe: So verdient Elon Musks Firma ihr Geld)
Trotz vieler Zweifel, Anfeindungen und teilweise spöttischer Attacken der Konkurrenz beharrt Elon Musk aber auf seiner Meinung, dass Teslas FSD noch 2021 so weit sein wird. Musks Vision zufolge sollen die E-Autos seines Unternehmens dann das Autonomie-Level der Stufe fünf erreicht haben. Dies würde bedeuten, dass die Fahrzeuge sich ohne Hilfe überall zurechtfinden, genau wie es ein Mensch könnte – auch auf ihnen völlig unbekannten Strecken, nicht nur auf zuvor kartiertem Gebiet. Möglich machen sollen dies spezielle Kameras und hochentwickelte Künstliche Intelligenz (KI). (Apple iCar soll 120.000 Euro kosten – sieht so das Ende der deutschen Autoindustrie aus?)

Noch ist allerdings gesetzlich vorgeschrieben, dass der Tesla-Autopilot lediglich eine technische Unterstützung des menschlichen Fahrers sein darf. Die Person hinterm Steuer muss jederzeit in der Lage sein zu übernehmen – und bleibt nach wie vor voll verantwortlich für das Geschehen. Zahlreiche Beta-Tester berichten allerdings euphorisch, dass sie gerade das immer seltener müssten. Ein gutes Beispiel hierfür liefert ein YouTuber, der verschiedene Tesla-Modelle mehrfach auf der kurvigsten Strecke der Welt, der Lombard Street in San Francisco, getestet hat – und über die Fortschritte des lernenden KI-Systems berichtet.
Tesla gesteht: Autonomes Fahren in weiter Ferne – vielsagende Mail von Elon Musks Chef-Anwalt
So gar nicht ins Bild von schon bald vollkommen selbstständig umherfahrenden Tesla-Autos passt da eine Antwort-Mail von Teslas Chef-Justiziar Eric C. Williams an die kalifornische Zulassungsbehörde DMV („Department of Motor Vehicles“) aus dem Dezember 2020. In dieser Korrespondenz heißt es „Derzeit ist weder der Autopilot noch die FSD-Fähigkeit ein autonomes System.“
Tesla-Anwalt Williams schreibt: „Wie Sie wissen, ist der Autopilot ein optionaler Fahrerassistent, der SAE-Level-2-Automatisierung widerspiegelt. Funktionen, die der Autopilot umfasst, sind die verkehrsabhängige Geschwindigkeitsregelung und das Spurlenksystem. Full Self-Driving (FSD) ist eine zusätzliche optionale Funktion, die auf dem Autopilot aufbaut – und ebenfalls SAE Level 2 entspricht.“ Der angesprochene zweite von fünf Automatisierungsgraden des US-Standardisierungsinstituts SAE beinhaltet Lenk-, Brems- und Beschleunigungsunterstützung für den Fahrer – erfordert aber, dass dieser das Auto ständig überwacht. (Autopiloten-Duell: Tesla gegen Waymo-Taxi – wer ist schneller?)

Anwalt Eric C. Williams präzisiert hierzu: „Bitte beachten Sie, dass Tesla bei der Entwicklung echter autonomer Funktionen (SAE Level 3+) seinem vorgesehenen Freigabe-Prozess folgt und solche Funktionen erst dann an Kunden herausgegeben werden, wenn wir sie vollständig validiert und alle erforderlichen behördlichen Genehmigungen erhalten haben.“ Derzeit seien jedoch „keine signifikanten Erweiterungen“ des Systems zu erwarten, die dem Fahrer Kontrolle und Verantwortung abnähmen. (Auch in Deutschland: Tesla ruft über 140.000 E-Autos zurück – gravierende Sicherheitsmängel!)
Das klingt stark danach, als würde der von seinen Visionen angetriebene Tesla-Boss Elon Musk seinen Kunden und Anhängern fortwährend Dinge versprechen, die das Unternehmen Tesla gar nicht halten kann. Das mag revolutionäre Entwicklungen im Sinne des Workaholics vorantreiben – eine ehrliche Kommunikation ist es nicht.