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Kommen jetzt bundesweit Abschnitts-Blitzer? Gericht entscheidet: Streckenradar rechtmäßig

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Von: Christian Schulz

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Das Streckenradar „Section Control“ auf der Bundesstraße 6 zwischen Gleidingen und Rethen bei Hannover.
Das Streckenradar „Section Control“ steht auf der Bundesstraße 6 zwischen Gleidingen und Rethen bei Hannover. © Peter Steffen/dpa

Das erste Streckenradar zur Geschwindigkeitskontrolle ist bereits im Einsatz – weitere werden folgen. Schon bald könnte die neue Technologie bundesweit Temposünder blitzen.

Hannover – Eine bewährte Methode gewiefter Autofahrer: Vor dem Blitzer kurzzeitig auf die Bremse treten, danach weiter Gas geben. Südlich von Hannover soll das erste Streckenradar genau dieses Verhalten verhindern. Jetzt ist das System zumindest rechtlich auf der sicheren Seite. Autofahrer, Datenschützer und ADAC sind dagegen wenig begeistert.

Streckenradar rechtmäßig: Kommen die Abschnittsblitzer jetzt bundesweit?

Das bundesweit erste sogenannte Streckenradar ist nach längeren juristischen Auseinandersetzungen abschließend genehmigt worden. Das Bundesverwaltungsgericht habe den Antrag eines Klägers auf Zulassung der Revision zurückgewiesen, teilte das niedersächsische Innenministerium mit. Damit sei der seit Anfang 2019 laufende Rechtsstreit um das System „Section Control“ endgültig abgeschlossen. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg sei somit rechtskräftig. Damit könnten nun auch andere Bundesländer die Technik auf geeigneten Strecken einsetzen. (Kurioses Blitzerfoto sorgt für Aufregung: Hat dieser Mann am Steuer etwa ...?)

Niedersachsen, Laatzen: Ein Auto fährt auf der Bundesstraße B6 am neuartigen Streckenradar „Section Control“ vorbei..
Ein Auto fährt auf der Bundesstraße B6 bei Hannover am neuartigen Streckenradar „Section Control“ vorbei. © Julian Stratenschulte/dpa

Streckenradar rechtmäßig: Alle Autofahrer eines Abschnitts werden gefilmt

Die Anlage an der Bundesstraße 6 bei Hannover misst das Tempo nicht an einer einzelnen Stelle. Stattdessen ermittelt sie die Durchschnittsgeschwindigkeit auf einem 2,2 Kilometer langen Abschnitt – dort gilt Tempo 100. Dafür werden die Kennzeichen aller vorbeifahrenden Autos unabhängig von ihrem Tempo erfasst und kurzfristig gespeichert (angeblich anonymisiert). Werktags sind dort täglich mehr als 15.500 Fahrzeuge unterwegs. Ähnliche Anlagen gibt es beispielsweise in Österreich schon seit Längerem. (City-Maut auch bei uns? „Pöbel soll in überfüllte Busse und Bahnen“)

Ihm sei das Streckenradar bei Laatzen „ein besonderes Anliegen“, betont Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius. „Denn klar war von vornherein: Der Einsatz von ‚Section Control‘ kann einen wesentlichen Beitrag für mehr Verkehrssicherheit leisten“, so der SPD-Politiker. Wie bei jeder neuen Technologie sei aber auch beim Start von „Section Control“ klar gewesen, dass es einige Hürden geben könne: „Gerade vor diesem Hintergrund bin ich froh, dass wir diesen Schritt als erstes Bundesland seinerzeit gewagt haben.“ Hannovers Polizeipräsident Volker Kluwe erklärte, nunmehr sei höchstrichterlich bestätigt, dass es sich beim Streckenradar um ein „modernes und rechtskonformes Mittel der Geschwindigkeitsüberwachung“ handele. (Umwelthilfe-Chef Jürgen Resch fliegt Kurzstrecke – will aber Diesel-Fahrverbote durchsetzen)

Streckenradar rechtmäßig: Innenministerium und Polizei begeistert – ADAC hinterfragt Sinn

Nach Einschätzung des ADAC gebe es andernorts aber bislang keine konkreten Pläne dafür, die rechtliche Klärung mache aber „den Weg frei für andere“. Allerdings sei die Anlage teurer und aufwendiger als herkömmliche Systeme, daher sei eine Bewertung wünschenswert – man müsse fragen: „Was bringt die Anlage für die Verkehrssicherheit?“ (Im Opel Corsa: Teenager (13 und 16) liefern sich irre Verfolgungsjagd mit der Polizei)

Zahlreiche Autos passieren das Streckenradar „Section Control“ auf der Bundesstraße B6 bei Hannover.
Zahlreiche Autos passieren das Streckenradar „Section Control“ auf der Bundesstraße B6 bei Hannover. © Julian Stratenschulte

Konkrete Veränderungen müssten erfasst werden, erklärte eine ADAC-Sprecherin. Schon beim Start im vergangenen November hatte das niedersächsische Innenministerium angekündigt, wesentliches Ziel der Pilotanlage bleibe „eine umfängliche und wissenschaftliche Beurteilung zur Wirkung der Anlage auf die Verkehrssicherheit.“ (98 km/h zu schnell: 39-jähriger Raser im BMW 7er duelliert sich mit Autobahn-Polizei)

Streckenradar rechtmäßig: Grundsätzliche datenschutzrechtliche Bedenken

Das System war im vergangenen Jahr zeitweise abgeschaltet worden. Ein Anwalt hatte grundsätzliche datenschutzrechtliche Bedenken gegen die Massenerfassung der Kennzeichen angemeldet. Die Anlage ging wieder in Betrieb, als das niedersächsische Oberverwaltungsgericht die Klage im November 2019 abwies. (Münchner Polizeipräsident Hubertus Andrä: Neue Details zum Autobahn-Crash)

Früheren Angaben des Ministeriums zufolge wurden von Mitte November bis Ende Juni insgesamt 1.065 Geschwindigkeitsverstöße von „Section Control“ dokumentiert. In 194 Fällen wurden Bußgelder verhängt, in 152 Fällen kamen Punkte für die Fahrer dazu – 17 von ihnen bekamen zusätzlich ein einmonatiges Fahrverbot. Ein Mann fuhr statt der erlaubten 100 Kilometer pro Stunde durchschnittlich 160 km/h. (Mit Material der dpa)

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