Spurhalteassistent: Welche Varianten es gibt – und ob sich die Technik nachrüsten lässt

Spurhalteassistenten schützen den Fahrer vor nicht beabsichtigtem Verlassen der Fahrbahn. Unterschiedliche Varianten warnen oder greifen beim Lenken aktiv ein.
- Moderne Spurhalteassistenten bieten zusätzlichen Komfort und Sicherheit
- Bei den Fahrerassistenzsystemen gilt es zwischen einfachen „Spurverlassenswarnern“ (LDW) und dem aktiven Lane Keeping Assist (LKAS) zu unterscheiden
- Die Nachrüstung von Spurassistenten lässt sich in vielen Fällen realisieren
München – der Spurhalteassistent zählt zu den grundlegenden Systemen für das Auto der Zukunft und ist auch schon heute für viele Modelle zu haben. Für LKWs über 3,5 Tonnen mit Erstzulassung ab November 2013 ist er sogar bereits Pflicht. Ab Mitte 2022 wird er neben einigen anderen Assistenzsystemen auch beiden Pkw verpflichtend. Darauf haben sich die EU-Staaten geeinigt.
Spurhalteassistenten unterstützten den Fahrer, ohne ihm die Verantwortung abzunehmen. Die Hersteller bieten verschiedene Varianten, die sich in ihrer Funktionsweise voneinander unterscheiden: Ein sogenanntes Lane Departure Warning System (LDWS oder LDW) warnt den Lenker lediglich vor dem Verlassen der Spur. Beim Lane Keeping Assist System (LKAS) greift der Spurassistent dagegen aktiv in die Steuerung des Fahrzeugs ein. Bei vielen älteren Modellen besteht die Möglichkeit zur Nachrüstung. Gefahrensituationen aus dem toten Winkel oder durch sich schnell nähernde Autos von hinten beugt der Spurwechselwarner vor. Dieses verwandte und ergänzende System basiert auf Radarsensoren am Heck des Wagens. Sie überwachen die Bereiche schräg hinter und neben dem Fahrzeug. Wie alle Spurassistenten warnen sie durch optische Symbole oder akustische und haptische Signale.
Grundlegende Funktionsweise zeitgemäßer Spurhalteassistenten
Durch ihre Funktionsweise verbessern moderne Spurhalteassistenten die Sicherheit. Sie sollen einen nicht beabsichtigen Spurwechsel aufgrund von
- Sekundenschlaf am Steuer,
- Konzentrationsverlust oder
- Unaufmerksamkeiten des Fahrers
erkennen und verhindern.
Die meisten Hersteller nutzen für ihre Systeme eine kleine Videokamera. Hinter der Windschutzscheibe eingebaut detektiert sie Fahrbahnmarkierungen. Sie erkennt die Kontraste zwischen Begrenzungslinien und Fahrbahnbelag ebenso wie unbefestigte Straßenränder auf Nebenstrecken. Ein Rechner vergleicht die Ergebnisse mit der Position des Fahrzeugs. Unterschreitet es den definierten Mindestabstand zum Fahrbahnrand auf einer Seite, wird der Spurassistent aktiv. Einfache „Spurverlassenswarner“ informieren durch Vibration des Lenkrads, Warntöne oder ein Symbol im Display. Letzteres blinkt beispielsweise, um den Fahrer aufmerksam zu machen. Die Spurhalteassistenten, auch zur Nachrüstung, funktionieren in einem bestimmten Geschwindigkeitsbereich. Abhängig vom Hersteller beginnt dieser bei 60, 70 oder 80 Kilometern pro Stunde. Bei Betätigung des Blinkers setzt sich das System außer Kraft.
Citroën verwendet den Spurassistenten „AFIL“: „Alarm bei Fahrspurabweichung durch Infrarot-Linienerkennung“. Der Systemhersteller Valeo nutzt für diese Varianten am Unterboden angebrachte Sensoren. Die Warnung erfolgt über ein akustisches Signal oder die Vibration des Sitzes auf der jeweiligen Seite einer kritischen Abweichung.
Aktive Spurhalteassistenten unterstützen den Fahrer direkt
Der Lane Keeping Assist kam 2001 erstmals auf dem japanischen Markt beim Nissan Cima zum Einsatz und ist eine Überlegung zur Nachrüstung wert. Im Gegensatz zum reinen Warnsystem LDW greift er durch seine elektronische Funktionsweise in die Lenkkraft ein. Bei einer komfortbezogenen Auslegung hält er das Fahrzeug mittig auf der Fahrbahn. Im Fall einer eher auf Sicherheit ausgerichteten Einstellung warnt und reagiert der Spurassistent erst bei einer bestimmten Nähe zur Fahrbahnmarkierung. Dazu erfolgt eine für den Autofahrer spürbar stärkere Lenkunterstützung. Bei Varianten mit elektrischen Servolenkungen geschieht das in sanften Bewegungen. Ohne diese übernimmt das elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) durch gezieltes Abbremsen der Räder die Gegenbewegung. Das technische Lenkmoment bleibt begrenzt und lässt sich jederzeit vom Fahrer übersteuern. Interne Algorithmen berechnen, ob sich dessen Hände am Lenkrad befinden. Wo das nicht der Fall ist, warnt das LKAS akustisch oder mit Symbolen. Erfolgt keine Reaktion bringen neuere Spurhalteassistenten – wie der von VW – das Fahrzeug kontrolliert zum Stehen.
Nachrüstung von Spurhalteassistenten bei zahlreichen Fahrzeugen möglich
Kaum ein Neuwagen kommt heute ohne Fahrerassistenzsysteme in den Verkauf. Mitunter lassen sich diese nachträglich freischalten. Selbst bei den Kleinwagen halten sie zunehmend Einzug. Wegen ihres Mehrwerts für Sicherheit und Komfort stehen sie auch bei vielen Gebrauchten zur Debatte. Die Automobilhersteller oder renommierte Zulieferer wie Bosch bieten für alle neueren Modelle Spurhalteassistenten zur Nachrüstung. Die in ihrer Funktionsweise komplexen Systeme greifen dabei auf Daten aus dem Steuercomputer des Fahrzeugs zurück. Wo entsprechende Kabelstränge und die Sensorik nicht bereits verbaut sind, drohen erhebliche Kosten. Nicht immer lohnt sich dann der Aufwand.
Bei einer Nachrüstung von Spurassistenten mithilfe von Apps für die Handykamera und Dashcams raten Experten zur Vorsicht. Die Varianten erkennen zwar durchgezogene oder gestrichelte Linien, nicht jedoch das aktuelle Fahrverhalten. Serien-Systeme erhalten solche Informationen laufend vom Lenkwinkelsensor. Der Sinn entsprechender Symbole und Warnungen durch das Smartphone bleibt deshalb begrenzt. Zudem ist offen, wie sich eingehende Anrufe oder SMS auf die Funktion eines solchen Spurassistenten in kritischen Situationen auswirken.