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Skoda und der Allradantrieb: Härtetest bei Minusgraden auf dem Eis-See

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Von: Rudolf Bögel

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Skoda bittet zum Eistanz. Wie zuverlässig ist der Allrad-Antrieb bei minus 10 Grad auf einem Eis-See? Wir testen Karoq, Superb und den Elektro-Enyaq. 

Sie heißen 4motion, 4matic, AWD, 4WD, Quattro, 4 oder nur X und meinen doch alle das gleiche: den Allradantrieb beim Auto. Genau genommen gibt es ihn schon seit fast 200 Jahren, als John Hill und Timothy Burstall in England ein mit Dampf angetriebenes Fuhrwerk konstruierten, das neben dem Heckantrieb einen über die Kardanwelle zuschaltbaren Vorderachsantrieb verfügte. Zu den Kuriositäten in der Geschichte der Allradler gehört ein US-Dampfwagen, der an jedem Rad eine Maschine hatte. Die neue elektrische G-Klasse lässt grüßen. Und dann wäre doch noch der sogenannte Lohner Porsche. Schon 1900 konstruierte Ferdinand Porsche ein Automobil mit – und jetzt kommt’s – vier Radnaben-Elektromotoren. Der 911 Dakar ist der neueste Vertreter der Allradfamilie.

Die Deutschen lieben Allrad – die Isländer noch viel mehr

Auch die tschechischen Autobauer von Skoda entdeckten schon frühzeitig die Vorteile dieser Antriebsart. In den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab es erste Exemplare mit Allradantrieb, meistens Nutzfahrzeuge wie das spätere Modell 956, das auch beim Militär eingesetzt wurde oder das Agromobil 998 aus dem Jahr 1962. Gebaut für die Land- und Forstwirtschaft (manche Fahrzeuge dürfen hier übrigens ein grünes Kennzeichen tragen), allerdings nur ganze 13 Mal. In Serie ging der Pritschenwagen nie. Die eigentliche Erfolgsgeschichte von Skodas Allrad-Autos begann sehr viel später. Nämlich als kurz vor der Jahrtausendwende der Octavia Combi 4x4 auf den Markt kam. Insgesamt 1,25 Millionen Fahrzeuge wurden seitdem gebaut. Primus ist der Kodiaq: Von 429.030 ausgelieferten SUVs hatten 60 Prozent Allrad. Und noch zwei Fakten: Deutschland ist der stärkste 4x4-Markt von Skoda – rein von der Gesamtzahl her. Island ist aber mit einem Allrad-Anteil von 87,6 Prozent nicht zu schlagen. Aktuell hat Skoda sechs 4x4-Modelle im Angebot. Sowohl Limousine und Kombi von Superb und Octavia, die beiden SUVs Karoq und Kodiaq, sowie die E-SUVS Enyaq iv und Enyaq iV Coupé.

Skoda Superb gelb Driften auf Eis
Ab geht es in die Schneewehen. Da hat sich der Fahrer beim Driften auf Eis ein wenig überschätzt. Der Allrad buddelt sich da aber wieder aus. © IvoHercik.com / Skoda

Skoda on the rocks: 50 Zentimeter ist das Eis dick

Und alle stehen sie vor uns auf einer Eisfläche in Nordschweden. 50 Zentimeter tief gefroren ist das Wasser hier. Vertrauen ist gefragt, auch wenn es verdächtig knackt und knarzt. Und was ist mit dem vielen Wasser, hat die Eisdecke etwa ein Loch? „Nein, nein“, beruhigt uns der schwedische Instruktor, „die Eisfläche muss man sich wie Schollen vorstellen, da kann schon mal Wasser von ganz unten nach oben gedrückt werden.“ Es ist kurz vor 10 Uhr vormittags, die Temperatur liegt passend dazu bei minus 10 Grad. Langsam kriecht die Sonne kriecht über den Horizont. Vor uns liegt die schwedische Gitarre. Der Rundkurs wurde von einer Schneeraupe auf das Eis gezaubert und erinnert von oben stark an die Silhouette eines Gitarrenkörpers ohne den Hals.

Hier sollen wir das ausprobieren, was wir in der Jugend immer getan haben, als der erste Schnee gefroren war. Raus auf den nächsten – hoffentlich ausreichend großen – Parkplatz. Vollgas, links oder rechts einlenken, Handbremse ziehen. Und mit Hurra über den Asphalt schlittern! Mit modernen Autos ist das nur noch schwer möglich. ESP oder ESC heißt das elektronische Stabilitätsprogramm, das zusammen mit Anti-Blockier-System (ABS) und Anti-Schlupf-Regelung (ASR) die Autos jederzeit auf Kurs hält. Mit kleinen oder großen Brems-Eingriffen und variabler Antriebsmomentverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse, sogar zwischen den Rädern. Normal ist es also unmöglich, so ein Auto aus der Bahn zu werfen. Es sei denn, man macht keinen groben Fahrfehler – oder man schaltet das ESC aus.

Skoda Agromobil 998
Schon das Agromobil 998 von Skoda hatte einen Allradantrieb. Es gab verschiedene Aufbauten dazu. © Skoda

Leider ist das ausgeschaltete ESC bei Skoda ein Spielverderber

Es gibt Hersteller, da kann man das Regelsystem komplett in die Pause schicken, wie etwa bei Cupra. Bei Skoda ist das anders: Obwohl man „ESC off“ drückt – bei den tschechischen Autos bleiben immer noch Grundfunktionen aktiv, die der Sicherheit dienen. Quasi der letzte Rettungsanker. Man könnte auch sagen „Spaßverderber“. Dass die Testfahrten nicht zur fröhlichen Rutschpartie ausarten, hat noch einen anderen Grund: Wir haben Reifen mit Spikes. Noch erlaubt in Schweden und auch bitter nötig, weil der Schnee hier zentimeterdick auf den Straßen liegt.

Ab geht die Post. Zuerst mit dem Karoq. Rein in die Kurve, links einlenken, Gas geben und schon kommt das Heck. Zehn Runden weiter beherrschen wir das Spiel mit dem kontrollierten Driften schon ganz gut. Die große Kurve im vollschlanken Abschnitt der schwedischen Gitarre schlittern wir in einem Schwung herum. Das macht Spaß. Ob der noch zu steigern ist? Nomen könnte Omen sein. Also rein in den Superb-Kombi. Auch hier bringen wir die Kiste ziemlich flott in den kontrollierten Rutschvorgang. Der Superb ist aber verdammt lang – und deshalb nähert sich das Heck manchmal bedrohlich den seitlichen Schneewänden. Wer sein Auto hier versenkt, der braucht Hilfe, um da wieder herauszukommen, den Spott der Kollegen gibt es gratis dazu.

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Skoda Enyaq iV – ein Elefant rutscht aus

Jetzt der elektrische Enyaq. Im Gegensatz zu den Verbrennern sind die beiden Achsen nicht miteinander verbunden. Hier sitzt jeweils ein E-Motor vorne und hinten und erzeugt so unabhängig voneinander den Allrad-Antrieb. Das System verteilt in Millisekunden die Kräfte zwischen den Rädern. Hier ist es schon schwerer, das Auto aus der Ruhe zu bringen. Weil wir es darauf anlegen sollen, gelingt das schließlich auch. Wir fühlen uns so als ob ein Elefant ins Rutschen gerät, der Enyaq wiegt schließlich stattliche 2,1 Tonnen. Das erinnert uns an die ersten Schwünge mit den Schlittschuhen, wenn es einem in den Kurven die Kufen wegzieht. Im Gegensatz dazu aber kommen wir mit dem Enyaq schnell wieder in den kontrollierten Bereich. Wir wären so gerne noch weiter geschlittert. Das müssen wir den Profis überlassen. Zum Beispiel dem Briten Richard Meaden, der hier auf dem Stortjärnen-See fast gleichzeitig einen neuen Rekord für das Guinness-Buch aufstellt. Nach akribischer Vorbereitung von fünf Tagen schafft er tatsächlich den „längsten ununterbrochenen Drift eines Fahrzeugs auf Eis“. In Zahlen heißt das: Die Fahrt dauerte 7,351 Kilometer oder 15.58 Minuten. Wie lange der Drehwurm den Briten danach noch begleitet hat, darüber gibt es keine verlässlichen Angaben. Rudolf Bögel

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