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Neuer Rückruf-Rekord: „Wie bei Bananen – das Produkt reift erst beim Kunden“

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Von: Arne Roller

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Der Trend zu umfangreichen Rückrufaktionen der Autoindustrie setzt sich dramatisch fort: Diese Autohersteller belegen die Negativ-Spitzenplätze, diese Teile sind am häufigsten betroffen.

Bergisch Gladbach – Die Rückrufquoten der Autohersteller haben 2019 und 2020 erneut ein hohes Niveau erreicht. Wie eine Untersuchung des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach zeigt, wurden allein im Referenzmarkt USA im Jahr 2019 und dem ersten Halbjahr 2020 rund 55 Millionen Pkw in die Werkstätten beordert. Damit sind die Rückrufquoten – also die Zahl zurückgerufener Fahrzeuge relativ zur Zahl der Neuzulassungen – wieder besonders hoch. Sie liegt meist über 100 Prozent, weil der jeweilige Rückruf auch für ältere Modelle gilt. Für das Jahr 2019 berechneten die Analysten jedenfalls eine Quote von 219 Prozent. Im Jahr zuvor waren es „nur“ 159 Prozent. Das erste Halbjahr dieses Jahres lag mit 266 Prozent nochmals deutlich höher. In den Jahren von 2014 und 2019 kam es zu einem Allzeit-Negativrekord von über 250 Millionen zurückgerufenen Fahrzeugen allein in den USA. Das entspricht einer Rückrufquote von 243 Prozent. Damit wurden fast zweieinhalb Mal mehr Fahrzeuge in Werkstätten zurückbeordert, als im gleichen Zeitraum verkauft wurden.

Rückrufe: Hersteller mit den höchsten Quoten in 2019

Die höchsten Quoten bei sichereheitstechnischen Rückrufen hatten 2019 in den USA folgende Hersteller:

Im ersten Halbjahr 2020 führen Toyota (555 %), Nissan (488 %) und Honda (467 %) sowie Ford (341%) und BMW (304%) mit den höchsten Quoten. Bei der Rückrufmenge belegen die Negativ-Spitzenplätze Ford mit 7,01 Mio., GM mit 6,35 Mio. sowie Fiat-Chrysler mit 4,90 Mio. zurückgerufenen Pkw. Die Mängel betreffen im Einzelfall sehr unterschiedliche sicherheitsrelevante Bauteile. Hier nennt das CAM unter anderem Automatikgetriebe, Bremslicht oder Airbags. (Rückruf: Ablauf, Kosten und das Recht auf einen Leihwagen)

Als Gründe für die wachsenden Qualitätsprobleme sieht das CAM die steigende technische Komplexität der Fahrzeuge, eine Zunahme des Entwicklungsgeschwindigkeit angesichts steigenden Wettbewerbs und den damit einhergehenden Kostendruck. Außerdem würden erhebliche Teile der Wertschöpfung Zulieferern übertragen, was nach einem unternehmensübergreifenden sowie internationalen und damit komplexeren Qualitätsmanagement verlange. Schließlich sorge die Gleichteilestrategie zu Mengeneffekten, welche bei spät entdeckten Fehlern zu millionenfachen Rückrufen führen (Kraftfahrt-Bundesamt (KBA): Zulassungszahlen & Rückrufe – was die Flensburger Behörde macht). Dazu Studienleiter und CAM-Direktor Stefan Bratzel: „Die hohen Rückrufzahlen der letzten Jahre sind auch Kennzeichen des enormen Veränderungsdrucks, der auf der Branche lastet. Und die sicherheitstechnischen Rückrufe stellen dabei nur die Spitze des Eisbergs dar. Nicht selten gleicht die Produktherstellung mancher Automobilunternehmen einer ‚Bananenentwicklung‘: Das Produkt reift erst beim Kunden. Das verärgert vielfach die Autokäufer und kann zu Personen- und Sachschäden führen. Außerdem kostet es die Hersteller mittel- und langfristig viel Geld und schadet ihrem Image.“ (Von Mario Hommen; SP-X)

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