Polestar 2 im Alltagstest: Viel Licht und wenig Schatten
Seit 2020 ist der Polestar 2 auf dem Markt. Das Elektroauto überzeugt vor allem durch seine gute Ausstattung. Doch es gibt einige Kritikpunkte.
Lange Zeit war Polestar für Volvo das, was AMG für Mercedes ist: der Haus- und Hoftuner. 2017 folgte mit dem Polestar 1 das erste eigene Auto der Schweden (die heute zum chinesichen Geely-Konzern gehören), 2020 folgte mit dem Polestar 2 dann das erste eigene Elektroauto. Zum Marktstart war lediglich die „Launch Edition“ mit 300 kW (408 PS) Spitzenleistung und Allradantrieb erhältlich. Inzwischen gibt es die Mittelklasse Limousine jedoch auch mit Vorderradantrieb, wahlweise als Standard- oder Long-Range-Version mit jeweils 170 kW (231 PS) Leistung. Doch wie schlägt sich der Schwede im Alltagstest?
Im ausführlichen Test haben wir der Long-Range-Version mit Single-Motor (ab 48.625 Euro) ausprobiert und sind fast 1.000 Kilometer gefahren. Und das nicht nur im Stadtverkehr, sondern auch auf der Langstrecke. In beiden Fällen weiß der Polestar 2 – den es bald auch als Cabrio geben könnte – zu gefallen. Einzig das starke abbremsen, wenn man vom Fahrpedal geht, war etwas nervig. Bei dieser Energie-Rückführung (Rekuperation) lässt sich die Intensität allerdings einstellen. Trotz seines Gewichts von knapp zwei Tonnen überzeugt der Stromer auch mit seiner Beschleunigung. Den Sprint von null auf Tempo 100 schafft er so in 7,4 Sekunden.

Polestar 2 im Alltagstest: Viel Licht und wenig Schatten
Bei 160 km/h ist der Polestar 2 offiziell abgeregelt, im Test waren auf der Autobahn jedoch bis zu 165 km/h drin. Die Höchstgeschwindigkeit ist ebenfalls schnell erreicht. Allerdings wirkt sich das dann auf den Verbrauch aus. Bei Tempo 120 hingegen zeigt sich das Elektroauto aus Schweden mit einem Verbrauch zwischen 18 und 19,5 kWh genügsam. In der Stadt lag der Verbrauch nur unwesentlich höher. Die angebende Reichweite von 540 km (nach WLTP-Norm) schafft der Polestar 2 so jedoch nicht. Allerdings sind 350 bis 395 Kilometer durchaus realistisch.
An der Ladesäule braucht es dann jedoch etwas mehr Geduld. Zwar lädt der Polestar 2 an den Schnellladesäulen immer mit dem technisch vorgesehenen Maximum. Ab 35 Prozent reduziert sich die Ladegeschwindigkeit jedoch, wie auch bei der Konkurrenz, immer weiter. Ab einem Ladestand von 80 Prozent fließen dann nur noch 35 kW in die im Boden verbauten Akkus. Für einen Ladevorgang von 30 auf 83 Prozent benötigte der Polestar 2 an einer 50-kW-Ladesäule rund 50 Minuten.

Polestar 2 im Alltagstest: Umfangreiches Assistenzpaket ab Werk
Dennoch lässt sich der Polestar 2 auch bei hohen Geschwindigkeiten immer noch angenehm fahren, auch dank des serienmäßig verbauten Spurhalteassistenten. Ebenfalls ab Werk mit an Bord sind eine Verkehrszeichenerkennung, ein Müdigkeitsassistent, Parksensoren vorne und hinten, eine Rückfahrkamera sowie ein Tempomat.
Wer jedoch möchte, dass der Polestar 2 den Abstand zum Vordermann hält, muss 2.800 Euro für das Pilot-Lite-Paket investieren. Dann kommt der Stromer aber auch mit einer 360° Rundumsicht, einem Pilot Assist und weiteren nützlichen Fahrassistenzsystemen.
Polestar 2 im Alltagstest: Verkehrszeichen könnten größer dargestellt werden
In dieser Preisklasse wäre der adaptive Tempomat ab Werk dennoch wünschenswert gewesen. Ebenfalls nicht ganz optimal ist die Größe der angezeigten Verkehrszeichen, die ein wenig zu klein sind. Zudem dauert es oftmals etwas lange, bis sich die Anzeige an aktuelle Lage angepasst hat. Der Warnton bei einer Übertretung des Tempolimits könnte ebenfalls etwas lauter sein. Der Sound der Blinker klingt derweil etwas billig und passt nicht zum wertigen Auftreten des Polestar 2.
Dennoch bietet der Polestar 2 für seinen Preis ein breites Angebot an Assistenzsystemen, die sich trotz leichter Kritikpunkte problemlos nutzen lassen. So lässt sich der Tempomat auf Knopfdruck setzen und bequeme in 5 km/h-Schritten anpassen. Wer es etwas genauer will, hält den Knopf länger gedrückt und kann so auch aufs km/h genau anpassen.
Polestar 2 im Alltagstest: Android mit an Bord
Ähnlich simpel gestaltet sich auch die Bedienung des 11,2 Zoll großen Display in der Mitte. Dabei handelt es sich im Grunde um ein Tablet, denn das Betriebssystem stammt von Android Automotive. Folglich erfolgt die Sprachsteuerung über den Google Assistant und auch Google Maps ist bereits vor installiert. Die App berücksichtigt bei der Navigation zudem auch den Akkustand und schlägt Ladestopps vor. Wer will, kann sich die Karte auch auf dem Digitaldisplay (12,3 Zoll) hinter dem Lenkrad anzeigen lassen, was die Konzentration auf die Straße deutlich erleichtert. Zudem zeigt Google Maps auch den Akkustand am Zielort an, allerdings ist dieser grade bei gemäßigter Fahrweise eher ein Richtwert.
Auch die meisten Einstellungen erfolgen über den Mitteldisplay. So lassen sich hier unter anderem die Klimaanlage regulieren, Fahrassistenten ein- oder ausschalten und der integrierte Range Assist öffnen. Echte Knöpfe gibt es im Cockpit des Polestar 2 daher kaum. Wer ein iPhone nutzt, kann über das „Tablett“ auch auf Apple Car Play umschalten – allerdings, nur wenn das Smartphone über ein USB-C-Kabel verbunden ist.

Über den Google Play Store lassen sich zudem weitere Apps wie Spotify installieren. Wer also statt des Lieblingsradiosenders – in bester DAB+ Qualität – lieber eine gute Playlist hören will, kann das tun. Den Internetzugang liefert Polestar mittels einer verbauten eSIM gleich mit. Allerdings ist diese nur 3 Jahre kostenfrei.
Polestar 2 im Alltagstest: Kofferraum bietet viel Stauraum
Neben der Ausstattung überzeugt der Polestar 2 auch durch sein Platzangebot. Der Kofferaum bietet mit seinen 405 bis 1095 Liter genug Platz für den Wocheneinkauf inklusive Getränkekisten. Auch das Gepäck passt problemlos hinein. Störend ist lediglich die relativ hohe Ladekante.
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Im Fond haben auch große Mitfahrer mehr als genug Raum, nach oben kann es in dem nur 1,48 Meter hohen Elektroauto jedoch knapp werden. Vorne finden Personen bis 1,90 Meter bequem Platz, danach wird es jedoch problematisch, da sich die Sitze nur bedingt zurückfahren lassen.
Unterm Strich überzeugt der Polestar 2 im Test aber und ist durchaus eine Alternative zu den Elektroautos der deutlich teureren deutschen Premiumhersteller sowie dem ähnlich teuren Tesla Model 3. Der Schwede punktet dabei besonders mit seinem einzigartigen Design sowie mit der für seinen Anschaffungspreis sehr guten Werksausstattung. Da sieht man auch gerne über den ein oder anderen Kritikpunkt hinweg.