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Plug-in-Hybride: Nur wirklich sinnvoll, wenn ihre Fahrer ...

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Von: Christian Schulz

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Handelt es sich bei Plug-in-Hybriden tatsächlich um einen Schritt hin zur E-Mobilität – oder staatlich geförderte Augenwischerei? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Fest steht: Die Teilzeitstromer sind nur so umweltfreundlich wie ihre Fahrer.

München – Mit der Batterie durch den Alltag und auf weiten Strecken ohne Probleme mit Sprit – so lockt die Autoindustrie seit einigen Jahren auch skeptische Kunden in Richtung Elektromobilität. Die Plug-in-Hybride haben sowohl Verbrennungsmotor als auch E-Maschine an Bord. So lassen sie sich sowohl an der herkömmlichen Tankstelle betanken als auch an der Steckdose aufladen. Für manche Ingenieure vereinen sie das Beste aus zwei Welten und werden damit zur genialen Brückentechnologie. Die Argumentation lautet wie folgt: Wo niemand Angst um Reichweite haben oder krampfhaft eine Ladesäule suchen muss, kann man sich getrost auf das „Abenteuer E-Mobilität“ einlassen.

Plug-in-Hybride: Nur wirklich sinnvoll, wenn ihre Fahrer ...

An die deutliche Beschleunigung der Mobilitätswende durch Plug-in-Hybride glaubt auch Andreas Radics vom Strategieberater Berylls, und zwar „vor allem in Staaten oder Regionen, in denen die Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge kaum vorhanden ist oder nur langsam ausgebaut wird“. Ihm zufolge stellen die Hybrid-Fahrzeuge den Link zwischen alter Verbrennertradition und neuer E-Mobilität dar: „Nutzt man ein Plug-in-Hybrid-Auto möglichst viel im E-Modus, ist es genauso umweltfreundlich wie ein reines E-Auto. Und das bei geringeren Anschaffungskosten, weil es keine große und teure Batterie benötigt.“ (Blockiergebühr für E-Autos: EnBW sagt Dauerladern den Kampf an)

Ein schwarzes Mercedes-Benz S-Klasse Plug-in-Hybrid-Fahrzeug
Plug-in-Hybride wie diese Mercedes-Benz S-Klasse können kürzere Wegstrecken auch elektrisch zurücklegen. © Mercedes-Benz AG

Das sieht die Politik genauso und fördert die Teilzeitstromer, die je bis zu 100 Kilometer E-Reichweite haben und elektrisch bis zu 150 km/h schnell fahren, mit immerhin der Hälfte des Bonus’ für reine E-Autos. Weil obendrein die Steuerlast für Dienstwagenfahrer gesenkt wurde, stehen die Plug-in-Hybride vor allem bei Firmenflotten derzeit hoch im Kurs. Da die Hybrid-Autos zudem niedrige Verbrauchswerte aufweisen, drücken sie den CO2-Flottenwert der Hersteller und senken so das Risiko von Strafzahlungen. Deshalb haben fast alle Marken ihr Angebot im entsprechenden Bereich stark ausgebaut. (Autofahrer-Umfrage: Wird dieser populäre Verbrennungsmotor bald vom E-Auto überholt?)

Plug-in-Hybride: Kritiker reden wegen Subventionen von „Klimabetrug“

Je größer die Zahl der Plug-in-Hybride wird, desto mehr Kritik wird an ihnen laut. Teilweise fällt diese scharf aus: Der Grünen-Politiker Cem Özdemir beispielsweise spricht von „staatlich subventioniertem Klimabetrug“. Ihm zur Seite springen der Verkehrsclub Deutschland (VCD) sowie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Auch sie sehen in den Teilzeitstromern eine pseudo-ökologische Mogelpackung. Denn sauber seien die als Quasi-E-Autos „getarnten“ Fahrzeuge lediglich dann, wenn sie auch brav an der Steckdose geladen würden. Wer hingegen mit Sprit fahre, zahle nicht nur einen überhöhten Preis für den doppelten Antrieb – sondern riskiere durch das größere Gewicht auch einen viel höheren Verbrauch. (VW Touareg R: Dieser Plug-in-Hybrid kommt mit einer Akku-Ladung nicht weit)

Ladekabel in der Ladebuchse eines Plug-in-Hybrid-Fahrzeugs
Der Akku der Elektromotoren in Plug-in-Hybriden lässt sich an der Steckdose laden. Ein Verbrennungsmotor ist auch an Bord. © Mercedes-Benz AG/dpa

Gerade was das regelmäßige Laden betrifft, herrschen erhebliche Zweifel: Zwar berichten die Hersteller aus ihren Kundenbefragungen unisono von äußerst fleißigen Stammgästen an den Ladesäulen. Doch genauso oft machen Geschichten von gebrauchten Plug-ins die Runde, bei denen das Ladekabel noch originalverpackt im Kofferraum liegt. (BMW 530e: Den Plug-in-Hybrid gibt’s nur mit dieser massiven Einschränkung)

Plug-in-Hybride: Studie zeigt, dass Autos im Alltag zu selten elektrisch fahren

Studien stützen die These, dass der Elektroantrieb der Fahrzeuge zu wenig genutzt werde: So hat das Fraunhofer-Institut für System und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe in einer aktuellen Studie ermittelt, dass bei privaten Plug-ins nur 37 Prozent und bei gewerblich genutzten Autos sogar nur 20 Prozent der Kilometer elektrisch gefahren würden. „Im Mittel fallen die realen Kraftstoffverbräuche und CO2-Emissionen von Plug-in-Hybriden bei privaten Haltern in Deutschland mehr als doppelt so hoch aus als im offiziellen Testzyklus“, erklärt ISI-Wissenschaftler Patrick Plötz. (Range Rover Evoque P300e: Smartphone-App hilft beim Laden des Plug-in-Hybrid)

Ein Range Rover Evoque Plug-in-Hybrid steht an einer Ladestation und lädt Strom.
Nehmen Plug-in-Hybride als Brückentechnologie auch Skeptikern die Angst vor Reichweite? © Jaguar Land Rover/dpa

Die Autohersteller versuchen, anderes in den Mittelpunkt zu rücken: So hat etwa Mercedes-Benz einen GLE 350 de mit leerem Akku auf eine Vergleichsfahrt mit einem ähnlich starken Verbrenner geschickt. Dabei habe der Teilzeitstromer rund 25 Prozent weniger Sprint verbraucht, betont Torsten Eder, Leiter der Antriebsstrang-Entwicklung. Er erklärt, warum: „Das Fahrzeug wird effizienter, weil es Energie beim Bremsen rekuperiert und den Verbrennungsmotor mit verbrauchsoptimalen Drehzahlen betreibt. Das ergänzt sich perfekt: Ein Elektromotor arbeitet bei niedrigen, ein Verbrenner bei höheren Geschwindigkeiten am effizientesten.“ (Neuer Toyota Yaris Hybrid: Der Kleinwagen bietet diese Oberklasse-Extras serienmäßig)

Plug-in-Hybride: Automobilhersteller wollen Nutzung des E-Betriebs fördern

Hersteller wie Jeep experimentieren bereits mit sogenanntem Geofencing und nutzen dafür Navi-Daten: Ein entsprechend ausgerüsteter Geländewagen schaltet bei Erreichen der Innenstadt automatisch auf E-Betrieb. BMW versucht, Lademuffel über ein Belohnungssystem zu motivieren: Hybrid-Fahrer sammeln pro gestromertem Kilometer Punkte, die an der Ladesäule gegen kostenlosen weiteren Strom eingetauscht werden können. (Mit Material der dpa)

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