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Großes Modellsterben: Vor allem Kleinwagen betroffen – „Gewinn oder nichts“

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Von: Jan Schmidt

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Fahraufnahme eines Opel Adam im Profil
Den Adam hat Opel bereits 2019 aus dem Programm genommen. © Hersteller

Die immer strengeren Abgasregeln fordern ihren Tribut. Kleinere Automodelle werden eingestellt oder bekommen keinen Dieselmotor mehr. Wo früher Variantenvielfalt herrschte, findet man zunehmend Antriebs-Monokultur.

München – Wer aktuell einen VW Polo bestellen will, sucht vergeblich nach einem Dieselmotor. Beim Einsteigermodell „Trendline“ sieht der Konfigurator sogar lediglich den 1,0-Liter-Dreizylinder mit 59 kW/80 PS vor. Beim Rüsselsheimer Konkurrenten Opel Corsa findet man immerhin noch einen Selbstzünder, wogegen der Ford Fiesta auf Benziner setzt und diese teilweise mit einem MHEV-Modul (Mild-Hybrid) elektrifiziert. Vor zehn Jahren sah das noch ganz anders aus. Aber mittlerweile zieht sich das Dieselsterben bei den Kleinwagen schon eine Weile hin. Ein Grund ist der schnöde Mammon: Gerade im A- und B-Segment sind die Gewinnmargen bei den Fahrzeugen gering und das Geschäftsmodell auf Kante genäht. (Renault Twingo Z.E.: Der Stromer überzeugt vor allem wegen ...)

Standaufnahme eines VW Polo von schräg vorn
In der Basisausstattung „Trendline“ gibt es für den VW Polo nur eine Motorisierung. © Hersteller

Großes Modellsterben: Vor allem Kleinwagen betroffen – „Gewinn oder nichts“

Deswegen nehmen die Autobauer zunehmend die Selbstzünder aus dem Programm. Schließlich ist dieser Motor in der Herstellung oft noch etwas teurer als ein Benziner und diese Schieflage verschärft sich mit den strengeren Abgasnormen. Technische Kniffe wie ein SCR-Katalysator kosten Geld und der Kleinwagen-Kunde ist eben nur bereit, einen gewissen Preis für sein Fahrzeug zu zahlen. Zudem ist der Konkurrenzkampf in diesem Segment besonders hart. Gutes Geld kann nur mit großen und möglichst teuren Autos verdient werden. Um vernünftigen Gewinn zu machen, sind möglichst umfangreiche Synergieeffekte nötig, wie sie etwa der VW-Konzern nutzt. Deswegen haben einige Klein- und Kleinstwagen wie der Opel Adam oder der Alfa Romeo MiTo bereits das Zeitliche gesegnet. Beim Opel Karl ist der Hammer ebenfalls bereits gefallen. (Facelift Citroën C3: In einer Disziplin ist er im Vergleich zum Polo richtig schwach)

Fahraufnahme eines Alfa Romeo MiTo von schräg vorn
Die Produktion des MiTo hat Alfa Romeo 2018 ohne Nachfolger eingestellt. © Hersteller

Die Rüsselsheimer Kleinstwagen teilen das Los mit anderen Segmentsgenossen. Der Ford Ka, immerhin einst Star in James Bonds „Ein Quantum Trost“, ist Geschichte. Ebenso das Suzuki-Duo Celerio und Baleno, bei Nissan musste der Minivan Note dran glauben und der einstige Hoffnungsträger der Stadt-Querparker Smart lebt nur noch als Elektromobil weiter. Das gleiche Schicksal hat die Zwillinge Škoda Citigo und Seat Mii ereilt, die es zuletzt nur noch als Elektroauto gab. Während der Škoda aktuell von der Homepage verschwunden ist, ist der Seat immerhin noch sichtbar, allerdings mit dem Hinweis, dass alle Modelle des Jahres 2020 verkauft sind. (Neuer Toyota Yaris Hybrid: Der Kleinwagen bietet diese Oberklasse-Extras serienmäßig)

Großes Modellsterben: Abnehmende Nachfrage für Diesel-Motorisierungen

Das Ausdünnen der einst so beliebten Dieselversionen ist aber noch lange nicht vorbei. Laut einer Analyse des Center Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg-Essen haben die Automobilbauer seit dem Jahr 2015 bei insgesamt 24 Modellreihen die Dieselvarianten gestrichen, bei etwa 40 weiteren sei der Dieselanteil bei Neuzulassungen so stark geschrumpft, dass die Strategen in den Autozentralen über weitere Streichungen zumindest schon mal nachdenken. Laut CAR-Institut sind die Verkaufszahlen in Deutschland für Dieselmodelle in diesem Jahr auf einen Tiefstand von 29,9 Prozent gesunken. Besonders auffällig ist das bei Autos wie dem Fiat 500L oder dem Audi A1. Vor dem Dieselskandal lag der Selbstzünder-Anteil in Deutschland über alle Segmente und Modellreihen hinweg bei gut 47 Prozent. (Test Audi A1 Citycarver: Für dieses Auto mit Extras gibt’s auch zwei hiervon)

Fahraufnahme eines Audi A1 von schräg vorn
Für den Audi A1 gibt es schon länger keinen Diesel mehr. © Hersteller

Beim deutschen Premium-Trio Audi, BMW und Mercedes-Benz denkt man intensiv darüber nach, in Zukunft die Modelle unterhalb der Mittelklasse-Fahrzeuge nicht mehr mit Selbstzünder auszustatten. Im Fall von Mercedes spielt das dem Konzernchef Ola Källenius (51) in die Karten, der sich ohnehin mehr auf die ertragreichen Luxusfahrzeuge konzentrieren und bei den Kompaktmodellen das Portfolio straffen will. Am Ende ist „straffen“ einfach nur ein anderer Ausdruck für ausdünnen oder streichen. So hat etwa die B-Klasse zu kämpfen. Ein Kleinwagen steht ohnehin nicht zur Debatte und in Zukunft wird der mögliche Profit die Portfolio-Entscheidungen entscheidend beeinflussen. Statt „Das Beste oder nichts“ (einst die Maxime von Gottlieb Daimler) könnte man überspitzt formulieren: „Gewinn oder nichts“. (Von Wolfgang Gomoll/press-inform)

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