Fahrbericht McLaren 620R: Dieses Rennwagen-Extra macht noch mehr Lärm

An sich hat McLaren von seinen Sportwagen wie dem 600 LT oder dem Senna bisher immer noch spektakulärere Rennversionen gemacht. Jetzt ging es mit dem 620R genau andersherum, denn dieser wurde für ambitionierte Straßenpiloten vom Rennwagen McLaren 570S GT4 abgeleitet.
- Der McLaren 620R wurde auf Basis eines reinrassigen Rennwagens entwickelt
- Der 3,8-Liter-V8 bietet dank doppelter Turboaufladung 620 PS und 620 Newtonmeter
- Ein dreifach verstellbarer Heckflügel sorgt für bis zu 185 Kilogramm Abtrieb
Woking (England) – Der McLaren 620R ist extrem schnell – in Kurven, auf der Geraden und natürlich auch auf der Bremse. Doch schnell sollten auch die potenziellen Kunden sein, denn von dem Straßenrenner werden in Woking in den nächsten Monaten gerade einmal 225 Fahrzeuge vom Band laufen. Auf den Rennstrecken in aller Welt waren auf vier Kontinenten einige McLaren 570S GT4 unterwegs, doch die sammelten eifrig jede Menge Pokale. Allein in der ersten Rennsaison des Jahres 2017 holte der Brit-Racer acht Titel, 24 Pole Positions, 44 Rennsiege und 96 Podestplätze – eine Erfolgsquote von 41 Prozent. Von diesen Erfolgen sollen nunmehr auch engagierte Sportfahrer profitieren, die einen Rennwagen mit Straßenzulassung wollen. Der knapp 300.000 Euro teure McLaren 620R ist nicht anders als die meisten Rennwagen mit offizieller Zulassung: Im realen Straßenverkehr hat der 620er kaum etwas zu suchen, denn da gibt es bessere Modelle – auch von McLaren. (Aston Martin: Limitierte Sondermodelle im James-Bond-Look)
Fahrbericht McLaren 620R: 3,8-Liter-V8-Biturbo mit 620 PS und 620 Newtonmeter
„Der 570S GT4 ist auch für nicht-professionelle Fahrer leicht zu fahren. Wir wollten die Eigenschaften des Rennwagens übernehmen und in eine öffentliche Straßenumgebung transferieren“, so James Warner, der Chefingenieur des 620R. Die äußeren Unterschiede sind offensichtlich. Unter Carbon und Abdeckungen bekam der 3,8-Liter-V8-Biturbomotor ein spezielles Steuergerät, aus dem das leistungsstärkste Modell der Sports Series letztlich 620 PS und 620 Newtonmeter maximales Drehmoment herauspresst. Das Doppelkupplungsgetriebe mit seinen sieben Fahrstufen übernahm dabei erstmals die Technologie des „Inertial Push“. James Warner: „Das Management zwischen Antrieb und Doppelkupplung nutzt die Energie des Schwungrads, um zum Zeitpunkt des Überholens eine zusätzliche Beschleunigung zu erzeugen.“ (Porsche 911 Targa 4S: Diese Funktion schützt die Frontschürze des Teilzeit-Cabrios)
McLaren 620R – Technische Daten | |
---|---|
Länge/Breite/Höhe | 4,56/1,95/1,119 Meter |
Hubraum | 3799 ccm |
Leistung | 456 kW/620 PS |
Drehmoment | 620 Newtonmeter |
Beschleunigung von 0 bis 100 km/h | 2,9 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 322 km/h |
Normverbrauch | 12,2 Liter/100 km |
Grundpreis | 292.437 Euro |
Fahrbericht McLaren 620R: Er rollt auf Semislicks vorne im 19- und hinten im 20-Zoll-Format
Damit die Leistung artgerecht auf die Fahrbahn gebracht und in Vortrieb umgewandelt wird, rollt der Brite auf Semislicks der Pirelli P-Zero-Trofeo R-Serie. „Der 620R hat vorne 19-Zoll- und hinten 20-Zoll-Felgen, was aufgrund des Fehlens von 20-Zoll-Slicks bei uns viele Kopfschmerzen verursachte. Wir wollten jedoch, dass der Kunde auf der Strecke ankommt und auf den Trofeo wechselt – ohne Anpassungen am Fahrwerk“, erläutert James Warner, „so war es unerlässlich, dass wir spezielle Reifen bekommen.“ Die Rennpneus ohne Profil bringen acht Prozent zusätzliche Kontaktfläche und zusätzliche vier Prozent seitlicher Haftung, was sich auf der Rennstrecke leicht erfahren lässt. Auf der Test-Referenzrennstrecke des McLaren im italienischen Nardo bringt das einen Zeitgewinn von drei Sekunden pro Runde. (Gordon Murray T.50: Dieser Supersportwagen lässt die Konkurrenz alt aussehen)
Fahrbericht McLaren 620R: Aufwendige Aerodynamik sorgt für Anpressdruck

Der verstellbare Carbon-Heckflügel mit seiner beeindruckenden Höhe von 32 Zentimetern hat bei Renn- und Straßenversion das gleiche Profil und lässt sich in drei Positionen verstellen. Der Kunde bekommt den Traumwagen mit dem moderatesten der drei übergeben. Er kann das Leitwerk jedoch jederzeit neu einstellen, sodass mit zunehmendem Winkel auch der aerodynamische Druck auf das Auto zunimmt – bei 250 km/h generiert er einen maximalen Anpressdruck von 185 Kilogramm. Weitere entscheidende Aerodynamikdetails sind Stoßfänger und Frontlippe im GT4-Look, die zusammen mit der Kohlefaserhaube dazu beitragen an der Vorderachse 65 Kilogramm Abtrieb zu erzeugen, was für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Front- und Heck des 620R unerlässlich ist.
Zudem gibt es Lufteinlässe in der Motorhaube (unter der im 120-Liter-Stauraum ein Helm oder eine Reisetasche fürs Wochenende passt) und eine optionale Dachhutze (= Lufteinlass über der Fahrgastzelle), die den Motor schneller kühlt, allerdings auch das akustische Drama im Cockpit deutlich anhebt. Das 620R-Chassis wird von einem manuellen Einstellsystem in 32 Positionen der Feder-Stoßdämpfer-Baugruppe justiert, das sechs Kilogramm leichter ist, als das im McLaren 570S verwendete adaptive Dämpfungssystem. Auf Wunsch kann der Kunde dieses jedoch ebenfalls ordern, um mit dem Autonasen-Lift ohne Beschädigungen aus der eigenen Garage zu rollen. Gegenüber dem 570S sind Stabilisatoren, Federn und Lager steifer, während die Bremsen mit Keramikscheiben deutlich haltbarer gemacht wurden. (Unfall von McLaren Senna LM: Gehört das Auto Ex-Formel-1-Profi Adrian Sutil?)
Fahrbericht McLaren 620R: Dank Leichtbau wiegt der Bolide nur 1.282 Kilogramm
Die spartanische Atmosphäre des Innenraums bestätigt den umfassend betriebenen Leichtbau des Straßenrenner. Es gibt überall Alcantara und Kohlefaser – auch im Bereich der Mittelkonsole, die mit dem Rückgrat des Autos verbunden ist. Die Karosserie besteht vollständig aus hochfester Kohlefaser und sorgt so nicht nur für maximale Verwindungssteifigkeit, sondern auch ein Trockengewicht von gerade einmal 1.282 Kilogramm. Komfortable Ausstattungsdetails wie Klimaautomatik, Handschuhfach oder Cockpitbodenbeläge sind auf Wunsch kostenlos erhältlich. Und wer unbedingt will: der akustisch verwöhnte Kunde kann sich auch für das Audiosystem von Bowers & Wilkins entscheiden, falls der imposante V8-Doppelturbo einmal nicht sonor genug tönt. In der Mitte des minimalistischen Armaturenbretts befindet sich ein Sieben-Zoll-Monitor, darunter lassen sich die einzelnen Fahrprogramme Normal, Sport und Track für Handling und Antrieb einstellen. (Bis zu 2.000 PS: Diese Spaß-Stromer kommen bald)

Fahrbericht McLaren 620R: Er beschleunigt in 2,9 Sekunden von null auf Tempo 100
Kaum überraschend, dass die Beschleunigung des 4,56 Meter langen McLaren 620R schwindelerregend ist und jedes Überholmanöver auf der Straße in gefühlten Sekundenbruchteilen erledigt ist. Die Lenkung selbst ist unglaublich schnell und ebenso kommunikativ wie die Bremsen. Bei gemächlichem Tempo ist der Rennwagen aus Woking mit einem Tritt auf die Bremse sofort bewegungsunfähig und selbst aus hohem Tempo wird imposanter denn je verzögert. 116 Meter Bremsweg von 200 km/h bis zum Stillstand sind zwölf Meter weniger als bei einem 570S, der bereits bestens verzögert. Aus dem Stand beschleunigt der McLaren 620R in 2,9 Sekunden auf Tempo 100 und erreicht 322 km/h Spitze – eher auf der Autobahn als auf irgendeiner Rennstrecke. Der wenig aussagekräftige Normverbrauch beträgt 12,2 Liter Super. (Von Joaquim Oliveira/press-inform)