Spritmangel auch in Deutschland möglich? Deshalb fehlen uns bald Trucker
Die Transport-Lobby schlägt Alarm: Darum wollen immer weniger Berufseinsteiger Trucker werden. Drohen Deutschland Lieferengpässe wie in Großbritannien?
Frankfurt am Main – Leere Supermarkt-Regale, Tankstellen ohne Sprit: Die Bilder aus Großbritannien zeigen eindringlich, was passiert, wenn die Versorgung teilweise zusammenbricht. Der Grund für die Engpässe ist der dramatische Mangel an Lkw-Fahrern. Gut 100.000 von ihnen gibt es derzeit zu wenig, wegen der verschärften Visa-Bedingungen nach dem Brexit haben vor allem osteuropäische Trucker Großbritannien verlassen. (Benzin-Chaos in Großbritannien: Darum müssen jetzt Soldaten ran)
Spritmangel auch in Deutschland möglich? Deshalb fehlen uns bald Trucker
Doch auch in Deutschland könnte es bald deutlich zu wenige Lkw-Fahrer geben – was dann ebenfalls einen Kollaps der Versorgung zur Folge hätte. Vor einem derartigen Szenario warnt jedenfalls der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V.: „Großbritannien ist einfach nur der Blick in die Zukunft“, prophezeit Vorstandssprecher Dirk Engelhardt. (Verkehrsschild mit Lkw in Orange – was hat das Zeichen zu bedeuten?)
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Spritmangel auch in Deutschland möglich? Trucker haben drei Probleme
Die Gründe für den befürchteten Trucker-Schwund sind im EU-Land Deutschland allerdings andere als auf der britischen Insel. Nach einer Umfrage unter 4.500 Fahrern sieht der BGL vor allem drei Probleme, die den Job auf dem Bock zunehmend unattraktiv machen:
- Schlechte Bezahlung: Lkw-Fahrer verdienten im Jahr 2020 laut Statistischem Bundesamt im Durchschnitt 14,21 Euro brutto die Stunde – verglichen mit durchschnittlich 19,97 Euro für Fachkräfte insgesamt. Im Monat verdienten Lkw-Fahrer im Schnitt 2.623 Euro brutto, Beschäftigte mit vergleichbarer Ausbildung und Berufserfahrung dagegen 3.286 Euro. Besserung ist nicht in Sicht: Der Preisdruck in der Branche ist enorm, manche Speditionen beauftragen Dritt-Unternehmen aus Ost-Europa mit Touren.
- Schlechter Ruf: Der Beruf gilt als anstrengend und unterbezahlt (siehe oben), Speditionen sind nicht gerade Wunsch-Arbeitgeber, auf der Autobahn und in der City sind Anwohner und andere Verkehrsteilnehmer von Lkw oft genervt.
- Schlechte Vereinbarkeit mit dem Privatleben: Im Stau stehen oder auf trostlosen Parkplätzen nächtigen, während die Familie zu Hause wartet oder die Kumpels kegeln gehen – das nervt. Dazu kommt die schlechte Planbarkeit des Verkehrs. Laut Engelhardt fehlen in Deutschland 40.000 Lkw-Parkplätze, oft müssen Trucker lange nach Plätzen für ihre gesetzlich vorgeschriebenen Pausen suchen.
Jedes Jahr gehen laut BGL 30.000 Trucker in Rente, während nur zwischen 13.000 und 17.000 neu einsteigen. Aktuell fehlten in Deutschland schon zwischen 60.000 und 80.000 Fahrer. Werde nicht massiv gegengesteuert, geht Engelhardt davon aus, „dass wir eben 2022 oder 2023 Situationen haben werden wie in der ersten Coronawelle“ – dass nämlich einzelne Waren nicht mehr erhältlich seien. Neben zu wenig Toilettenpapier gibt es dann möglicherweise auch keinen Sprit mehr.