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Kameras im Tesla: Sind sie ein Fall für den Datenschutz?

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Von: Christian Schulz

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500.000 E-Autos im Jahr will US-Hersteller Tesla in der Gigafactory Grünheide produzieren. Datenschützer warnen vor den Kameras in den E-Autos von Elon Musk. Droht die Totalüberwachung der Autofahrer?

Berlin – Manche der technischen Funktionen der neuen Tesla-Fahrzeuge verstoßen womöglich erheblich gegen den in Deutschland geforderten Datenschutz. Wie das ARD-Politikmagazin „Kontraste“ berichtet, zeichnen in den E-Autos verbaute Kameras systematisch Innenraum und Umgebung auf. Angeblich bleibt kaum etwas vor ihnen verborgen. Der Fahrer kann das Kamerasystem zwar teilweise abschalten – er hat jedoch keinerlei Kontrolle darüber, welche personenbezogenen Daten von Elon Musks Firma gespeichert werden. Ebenso ist nicht ersichtlich, ob diese Daten anschließend auf US-Servern von Tesla landen.

Kameras im Tesla: Sind sie ein Fall für den Datenschutz?

„Wenn ein Fahrzeug im öffentlichen Verkehrsraum fährt und dabei ständig alle anderen aufzeichnet, ist das ein klarer Datenschutzverstoß“, zitiert „Kontraste“ den Datenschutzbeauftragten des Landes Baden-Württemberg, Stefan Brink. Die Kameras der volldigitalisierten Personenwagen dürften zwar eingesetzt werden – allerdings nur in konkreten Einzelfällen und keineswegs ununterbrochen. Brink bezeichnet die Datennutzung in diesem Zusammenhang als „das zweite große Geschäftsmodell“ des US-amerikanischen Autoherstellers von Elon Musk. (Elon Musk: Student fragt nach Erfolgstipp – die Antwort ist heftig)

Auch eine Vertreterin des Chaos Computer Club (CCC) kommt in dem TV-Bericht zu Wort. Constanze Kurz bereitet es große Sorgen, dass die gesammelten Daten nach ihrer Einschätzung durchaus auswertbar sind. Dies bedrohe die informationelle Selbstbestimmung: „Wann arbeitet jemand? Wann ist jemand im Urlaub? Ist jemand vielleicht jede dritte Woche samstags in einem Hotel? Mit wem?“ Das seien alles Fragen, mit deren Antworten man Menschen unter Druck setzen könne. (Tesla Model 3 jagt Porsche Taycan – Video spaltet Autofans: „Ein Witz, oder?“)

Das Tesla Model 3 in Rot.
Das Tesla Model 3 ist mit vielen Kameras ausgestattet, die Datenschützern zu denken geben. © Tesla

Kameras im Tesla: Fahrer haben keine Kontrolle über Aufnahmen

Der Haken der neuen Tesla-Modelle: Einige der neun in den Wagen installierten Kameras agierten vollständig autonom. Nur von vier der acht Außenkameras kann der Fahrer die Videodaten sehen und gegebenenfalls an einem anderen Orten speichern und bearbeiten. Was die vier weiteren Außenkameras und vor allem die Kamera im Innenraum aufzeichnen, könne laut „Kontraste“ allein Tesla beeinflussen. Die US-Firma habe die Möglichkeit, die Daten per Fernzugriff abzurufen – ohne dass die Halter darüber irgendeine Form der Kontrolle hätten. (Tesla Supercharger: E-Golf holt sich Gratis-Strom – „neue Betrugssoftware von VW“)

Glaubt man dem Unternehmen von Elon Musk, will es die Video- und Telematikdaten einerseits zur Verbesserung seiner autonomen Fahrsysteme verwenden. Andererseits wird aber nicht verheimlicht, dass mit den Daten ebenso Marketing betrieben werden soll. Das Problem an der Sache: Ein Algorithmus der Tesla-Software entscheide darüber, wann eine Aufnahme starte. Dann zeichneten die hochauflösenden Kameras ihre Umgebung teilweise gestochen scharf auf – und speicherten die Videos ab, ohne sie in irgendeiner Art und Weise zu anonymisieren oder zu verfremden. Nummernschilder und Personen seien klar zu erkennen. Und Tesla könne die Bilder vollautomatisiert auswerten.

Kameras im Tesla: Elon Musk bestreitet Live-Übertragung der Daten

Erst kürzlich hatte Tesla-Chef Elon Musk während seines Deutschlandbesuchs gegenüber „Kontraste“ bestritten, dass die Daten aus den Autos live übertragen würden. Er behauptete dabei, ein Live-Streaming finde nicht statt. In einem Versuch war es dem ARD-Magazin jedoch gelungen, Datentransfers in die USA nachzuvollziehen. Es handelte sich um stundenlange Verbindungen zu Servern an der Westküste der Vereinigten Staaten. Tesla nutzte hierfür eine WLAN-Verbinung, die in dem Test überwacht werden konnte. Welche Inhalte genau übertragen wurden, ist nicht bekannt. Denn die Datenpakete wurden von Tesla verschlüsselt – und das Hacken der Übertragung wäre strafbar gewesen. (Herbert Diess nach Treffen mit Elon Musk zu Gerüchten: „Nur um das klarzustellen ...“)

Was Datenschützer besonders hellhörig werden lässt: Ein italienischer Autoversicherer habe bereits auf solche vom Hersteller weitergeleiteten personenbezogenen Daten zugegriffen – und seine Preise entsprechend angepasst. Dabei ist diese Form der Überwachung in Europa ausdrücklich untersagt.

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