Urteil: Vor Auto schlafende Betrunkene überrollt – Fahrerin muss mithaften
Bevor man mit dem Auto losfährt, schaut man, ob der Weg frei ist. Tut man das nicht, haftet man bei einem Unfall. Doch gilt das auch, wenn eine Betrunkene vor dem Auto schläft, die man nicht gesehen hat?
Dass man sich betrunken nicht hinters Steuer setzen sollte, ist kein Geheimnis – wie dramatisch eine Alkohol-Fahrt aussehen kann, zeigt ein Dashcam-Video, das die britische Polizei veröffentlicht hat. Und selbst mit weniger als 0,5 Promille ist man als Autofahrer nicht unbedingt auf der sicheren Seite. Doch auch sonst sollte man sich beim Alkoholkonsum im Griff haben. Eine 17-Jährige war nach einer Party betrunken vor einem Auto eingeschlafen – und wurde im Anschluss überrollt und erheblich verletzt. Die 17-Jährige klagte auf Schmerzensgeld – nun gab es ein Urteil.
Urteil: Vor Auto schlafende Betrunkene überrollt – Fahrerin muss mithaften
Sich einfach ins Auto setzen und losfahren? Das sollte man besser nicht tun. Es muss Gewissheit geben, dass niemand gefährdet wird und der Weg frei ist. Dazu muss man im Zweifel auch einen Gang ums Fahrzeug machen. Wer das nicht tut, muss mit einer Mithaftung nach einem Unfall rechnen. Das gilt auch dann, wenn jemand betrunken direkt vor dem Fahrzeug eingeschlafen ist. Das zeigt ein Urteil (Az.: 14 U 267/21) des Oberlandesgerichts Karlsruhe, über das die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet.
Schlafende Betrunkene wird von Auto überrollt – und fordert 40.000 Euro Schmerzensgeld
In dem Fall ginge es um zwei Frauen, die Gäste auf einer Party waren. Eine von ihnen verließ das Fest gegen vier Uhr morgens und stieg in ihr Auto auf dem Grundstück. Als sie losfuhr, rollte sie über die andere Frau. Die fast 17-Jährige hatte mit über zwei Promille Alkoholgehalt im Blut vor dem Wagen geschlafen. Die Autofahrerin hatte das nicht bemerkt. Sie war von hinten an das Auto gelangt, um einzusteigen. Die Betrunkene wurde dabei erheblich verletzt und klagte auf mindestens 40.000 Euro Schmerzensgeld.

Schlafende Betrunkene wird von Auto überrollt – Gericht entscheidet auf geteilte Haftung
Eine Vorinstanz sah die Hauptschuld allerdings bei der Verletzten. Die Autofahrerin sollte nur mit einem Viertel haften – wegen der allgemeinen Betriebsgefahr des Autos. So wurde ein Schmerzensgeld von 5.000 Euro zugesprochen. Dagegen ging die Klägerin vor.
Mit Erfolg, denn das Oberlandesgericht nahm die Autofahrerin mehr in die Verantwortung als die Vorinstanz. Sie musste hälftig mithaften. Aber die Hauptursache für den Unfall war, dass sich die andere Frau stark betrunken vor das Auto gelegt hatte. Deshalb die geteilte Haftung.
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Schlafende Betrunkene wird von Auto überrollt – und liegt acht Tage im Krankenhaus
Unzurechnungsfähig war die überrollte Frau nach Ansicht des Gerichts aber nicht: Im Alter von fast 17 Jahren könne man die Alkoholwirkung einschätzen. Selbst dann, wenn man „typischerweise noch wenig Erfahrung im Umgang mit Alkohol hat und sich meist überschätzt.“ Zudem hätten Zeugen ausgesagt, dass die Betroffene auch in der Vergangenheit regelmäßig Alkohol getrunken habe und auch ähnlich viel. Die Frau war acht Tage im Krankenhaus und litt ein Vierteljahr an andauernden körperlichen Beeinträchtigungen. Das Gericht hielt daher ein Schmerzensgeld von 12.000 Euro für angemessen. Durch ihren Schuldanteil von 50 Prozent am Unfall erhielt die Frau aber nur die 6.000 Euro von der Fahrerin. (Mit Material der dpa)