Umstellung für AMG-Fans: Darum schlägt die Mercedes-Sportmarke leisere Töne an
V8-Power, Sound und Macho-Optik: Das liebt die weltweite Fan-Gemeinde von AMG. Doch sie wird sich demnächst an neue, leisere Töne gewöhnen müssen.
Affalterbach – AMG-Modelle haben ihre Wurzeln im Rennsport. Dies verkündet die Performance-Marke von Daimler in ihren PR-Botschaften, und dies dokumentieren auch die potenten Fahrzeuge überdeutlich durch ihren Auftritt: dicke Auspuffrohre, mächtige Lufteinlässe, tiefergelegte Karosserien, große Diffusor und natürlich bollernde Acht- und Zwölfzylinder. Macht, Macho, Männlichkeit. Die Nachfrage nach Luxus und Leistung ist nach wie vor hoch: Im vorigen Jahr verkaufte AMG, trotz weltweiter Pandemie, 125.129 Fahrzeuge, fast so viel wie im bisherigen Rekordjahr 2019 mit 132.136. In den USA, ihrem größten Markt, verbuchte die Sportwagenmarke einen neuen Bestwert, ebenso in China mit einem Plus von 32 Prozent. (Mercedes-AMG GT 63 S 4Matic+: Nordschleifen-Rekord zurückgeholt – vorher hielt ihn ein ...)
AMG-Kunden werden sich wundern: Warum Mercedes‘ Sportmarke sich wandeln muss
Schwer vorstellbar, dass sich die Petrolheads-Kunden mit dem Thema Elektromobilität ernsthaft auseinandersetzen. Doch genau das werden sie tun müssen. Denn auch eine Marke wie AMG kann die Brüsseler CO2-Vorgaben auf Dauer nicht ignorieren, und ist somit zur Elektrifizierung gezwungen. Von einem positiven Beitrag auf das Emissionskonto von Mercedes ist AMG nämlich noch meilenweit entfernt, die Plug-in-Hybride und elektrischen EQ-Modelle der Stuttgarter Mutter müssen die Spritbrennerei der lauten Tochter kompensieren. (Mercedes-AMG G 63 für eine Million Euro: 6x6-Gebrauchtwagen ist eine absolute Rarität)

AMG-Kunden werden sich wundern: Es geht auch ohne Sprit
Für AMG werden die nächsten Jahre daher zu einem Balance-Akt. Die traditionelle V8- und V12-Klientel, für die schiere Power und vibrierender Motorensound Emotionen pur sind, darf nicht verprellt werden. Auf der anderen Seite gilt es, neue Kunden an die Vorzüge des Stromantriebs heranzuführen. Sie sollen laut die Marke laut AMG-Chef Philipp Schiemer künftig als „Performance Luxury Marke des 21. Jahrhunderts“ erleben: „Wir transportieren unsere DNA in eine elektrische Zukunft“. Die fußt auf zwei Säulen: leistungsstarke Hybride auf der einen Seite, vollelektrische EQ-Derivate der Luxus- und Oberklasse auf der anderen. (Russischer Influencer steckt absichtlich 165.000-Euro-Mercedes-AMG in Brand – der Grund ist verrückt)

AMG-Kunden werden sich wundern: So gut geht Elektro
Schon vor sieben Jahren stellte man den SLS AMG Electric Drive auf die Räder, ein Sportwagen mit vier Elektromotoren, Allradantrieb und 751 PS. Es blieb jedoch bei wenigen Exemplaren. Nun soll die Elektrifizierung breiter angegangen werden –zunächst über sogenannte Performance-Hybride unter dem Namen „E-Performance“ mit komplett eigenständigem, in Affalterbach entwickeltem Antriebskonzept. Unter der Motorhaube bleibt der klassische V8-Verbrenner, an der Hinterachse aber sitzt als „Electric Drive Unit“ ein bis zu 150 kW/204 PS und 320 Nm starker Elektromotor. Entwickelt wurde zudem eine besonders leichte und leistungsfähige Batterie, deren Energiedichte doppelt so hoch ist wie gewöhnlich. (Raser-Rekord im Mercedes-AMG? Blitzer-Foto beweist: Mann satte 164 km/h zu schnell)

AMG-Kunden werden sich wundern: Wo ist mein V8?
Im Sommer startet AMG die neue Reihe mit dem viertürigen GT. AMG-Chef Schiemer verspricht Leistungen bis 600 kW/816 PS und über 1.000 Nm Drehmoment: mehr als je zuvor. Bei der neuen C-Klasse läuft die Sache ähnlich, hier jedoch hat der V8 ausgedient. Im Nachfolger des schon legendären C 63 sitzt jetzt ein Zweiliter-Vierzylinder. Um Fans des bisherigen Karachomodells bei Laune zu halten, lockt man mit 480 kW, sprich 653 PS, und deutlich agilerer Fahrdynamik. Spätere Hybrid-Modelle wiederum dürfen den V8 behalten, in erster Linie die S-Klasse, die großen SUV der nächste SL – und der nächste Roadster SL. Den entwickelte AMG übrigens im Auftrag von Mercedes gleich mal komplett: Auch entspannte Herrenfahrer im Basis-SL bekommen so AMG-Technik. (Brabus Rocket 900 schon gefahren: Nicht nur der Preis ist rekordverdächtig)
AMG-Kunden werden sich wundern: Und was ist mit Sound?
Bei Säule Nummer zwei greift AMG auf Mercedes‘ kommende EQ-Modelle zurück, und startet mit dem EQS. Bei dem Luxus-Liner will man Performance auf dem Niveau eines S 63 bieten inklusive Allradantrieb und einer Spitze von 250 km/h. Auch um ein adäquates Geräusch kümmern sich die AMG-Ingenieure beim Stromantrieb. Helfen sollen Lautsprecher, Shaker und Soundgeneratoren. Damit bei null Emissionen wenigstens die Emotionen bleiben. (Michael Specht / SP-X)