Nach Handy am Steuer auch Touchscreen verboten: Richter kennen keine Gnade – und setzen es gleich

Touchscreens werden zur Dauer-Beschäftigung im modernen Auto. Das birgt zu viele tödliche Risiken – finden sowohl Richter als auch Verbraucher. Jetzt kommt das Verbot.
- Laut einer Umfrage halten nur 46 Prozent Touchscreens für eine gute Sache
- Die Mehrheit von 54 Prozent ist jedoch der Meinung, dass die Displays ablenken
- Richter: Touchscreen-Bedienung ist Verstoß gegen „Handy-Verbot am Steuer“
Würzburg – Immer mehr Autohersteller setzen für die Bedienung ihrer Fahrzeuge auf Touchscreens. Die Kunden sehen das nicht immer als Vorteil, wie eine Instagram-Umfrage des Fachmagazins „kfz-betrieb“ jetzt ergab. Demnach lenken die berührungsempfindlichen Bildschirme nach Meinung von 54 Prozent der Teilnehmer den Fahrer zu sehr ab. Lediglich 46 Prozent halten sie für eine gute Sache. (Jaguar Land Rover: Neues System soll bloße Absicht des Fahrers erkennen können)
Touchscreen im Auto: Nutzung gleicht Verstoß gegen Handy-Verbot am Steuer
Die Diskussion um Touchscreens hatte zuletzt wieder an Fahrt aufgenommen, nachdem ein Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe (AZ.: 1 Rb 36 Ss 832/19) die Nutzung des Bildschirms als Verstoß gegen die Regelungen zum „Handy-Verbot am Steuer“ wertete. In dem verhandelten Fall hatte ein Tesla-Fahrer einen Unfall gebaut, während er durch das Einstellen des Wischintervalls des Scheibenwischers abgelenkt war. Beim Tesla Model 3 erfolgt dies nicht wie üblich direkt über den Lenkstockhebel, sondern über ein Untermenü des Infotainment-Bildschirms. (ADAC-Test: Mercedes, Audi, BMW – dieses Auto bietet die beste Konnektivität in der Kompaktklasse)
Touchscreen im Auto: Auch jüngere Teilnehmer haben Schwierigkeiten mit der Technik
Das generelle Problem beim Touchscreen: Weil die Bedienfelder auf dem Bildschirm anders als Knöpfe und Taster nicht zu tasten sind, muss der Fahrer bei der Nutzung die Augen von der Straße abwenden. Bei einigen Autos lässt sich die Nutzung während der Fahrt aber kaum vermeiden, etwa wenn Radiolautstärke oder Klimafunktionen über den Screen gesteuert werden. Schwierigkeiten mit der Technik haben dabei keineswegs nur die älteren Autofahrer: Bei der Umfrage von „kfz-betrieb“ waren 87 Prozent der Teilnehmer jünger als 34 Jahre. (Tesla-Konkurrent Polestar: Infotainment wie am Handy – das hat seinen Grund)
Die Hersteller verteidigen die Touchscreens häufig mit dem Argument, der Kunde wolle die Technik. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass die Displays Vorteile in der Produktion haben. Zum einen sind virtuelle Tasten günstiger als mechanische Schalter, zum anderen lassen sich die Cockpits bei Modellpflegen leichter modernisieren. Die mittlerweile meist freistehenden Bildschirme sind schnell gegen modernere oder größere getauscht, alternativ lassen sich über Grafik- und Software-Änderungen Funktion und Erscheinung ohne großen Aufwand anpassen. (Von Holger Holzer/SP-X)