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Audi-Prozess: Angeklagter Motorenentwickler – „Wir waren die Schmutzigen“

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Von: Jan Schmidt

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Auspuff-Endrohre vor der Audi-Zentrale in Ingolstadt
Vor dem Landgericht München II müssen sich hochrangige Mitarbeiter von Audi wegen des Diesel-Abgasskandals verantworten. © Armin Weigel/dpa

Im Audi-Prozess hat der angeklagte Motorentwickler Giovanni P. erneut Vorwürfe gegen die Konzernführung und andere Abteilungen erhoben. Seine brisanten Aussagen richten sich vor allem gegen den Vertrieb.

München – Das ganze Unternehmen sei involviert gewesen, sagte Giovanni P. vor dem Landgericht München II. Als der Dieselskandal 2015 aufgedeckt worden sei, habe niemand sagen können: „Ich wusste gar nichts.“ (Abgasskandal: Sind bei Audi jetzt auch Benziner betroffen?)

Audi-Prozess: Angeklagter Motorenentwickler – „Wir waren die Schmutzigen“

Laut Anklage hatte Giovanni P. als Abteilungsleiter in der Motorentwicklung in Neckarsulm mit veranlasst, dass die Software von Diesel-Motoren manipuliert wurde. Er habe von Mitarbeitern „intelligente Lösungen“ gefordert, um Abgastests zu bestehen – und 2008 angewiesen, eine Software einzubauen, die Tests erkennt. Der Ingenieur sagte, er habe mit seinem Team am Ende einer Kette gestanden und Beschlüsse von oben umsetzen müssen. „Ich kann nicht machen, was ich will.“ Er habe teilweise nicht einmal diskutieren dürfen. (Ex-Chef von VW und Porsche: Matthias Müller kassiert 2700 Euro Rente – pro Tag!)

Immer wieder kritisierte Giovanni P. auch den Vertrieb. Dieser habe nicht gewollt, dass die Kunden mit Harnstoff in Berührung kommen, der zur Reduzierung des Stickoxid-Ausstoßes eingesetzt wird. Die Abteilung habe ihm viel Druck gemacht. Der Vertrieb habe Harnstoff mit Urin in Verbindung gebracht und den Ansatz gehabt: „Warum haben Sie so viel Lust, mit Pipi zu spielen?“ Er gesteht: „Wir waren nicht die Sauberen, die den Clean Diesel wollten – sondern wir waren die Schmutzigen.“ (Ex-VW-Chef Winterkorn: Nicht nur wegen Betrugs, sondern auch wegen Marktmanipulation vor Gericht)

Audi-Prozess: Ex-Audi-Chef Rupert Stadler bekommt keinen eigenen Prozess

Der Mitangeklagte Ex-Audi-Chef Rupert Stadler (57) bekommt keinen eigenen Prozess. Das Landgericht München II lehnte den Antrag auf Abtrennung des Verfahrens gegen den prominentesten der vier Angeklagten im Prozess um den Dieselskandal ab. Es sei „zweckmäßig“, das Verfahren gemeinsam weiterzuführen, sagte der Vorsitzende Richter Stefan Weickert. Stadlers Rechte würden dadurch nicht übermäßig eingeschränkt. Es werde eine umfangreiche Beweisaufnahme unter Wahrung der Verteidigungsrechte aller Beteiligten geben. (Dieselskandal: Ex-Audi-Chef Rupert Stadler kommt demonstrativ in Mercedes S-Klasse zum Gericht)

Stadlers Verteidiger hatten moniert, dass es nicht sinnvoll sei, ihren Mandanten zusammen mit den drei anderen Angeklagten vor Gericht zu stellen. Diese sollen zusammen ab 2008 Abgastricksereien an Audi-Dieselmotoren veranlasst haben. Rupert Stadler wird jedoch vorgeworfen, den Verkauf manipulierter Fahrzeuge ab Herbst 2015 nicht gestoppt zu haben. Ebenfalls kritisierten Stadlers Verteidiger, dass viele andere Beschuldigte als Zeugen ausfallen könnten, weil sie die Aussage verweigern. (Schmuggel in Audi Q8: So viel Gold und Silber sollten über die Grenze)

Der Vorsitzende Richter hielt dem entgegen, dass man sich bei der Auswahl der Beschuldigten im Prozess keineswegs auf einen vermeintlichen Kern des Tatvorwurfs konzentrieren müsse. Im aktuellen Komplex gehe es um mögliche Straftaten über mehrere Hierarchieebenen hinweg und durch viele Beteiligte. Es könne durchaus sinnvoll sein, dem anhand ausgewählter Angeklagter nachzukommen. Dass Zeugen möglicherweise die Aussage verweigern könnten, sei ein Problem, das bei einer anderen Auslegung auch andere Beschuldigte vorbringen könnten. (Mit Material der dpa)

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